Anklage wegen mutmaßlichen Missbrauchs von Praktikantinnen im türkischen Parlament

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Im türkischen Parlament steht ein Fall mutmaßlichen sexuellen Missbrauchs minderjähriger Praktikantinnen vor der gerichtlichen Aufarbeitung. Schülerinnen einer Berufsschule, die ein Praktikum in der Kantine der Großen Nationalversammlung der Türkei (TBMM) absolvierten, sollen dort von Mitarbeitern belästigt und missbraucht worden sein. Die Staatsanwaltschaft Ankara erhob Anklage gegen fünf Beschuldigte; das zuständige Gericht ließ die Anklageschrift nun zu.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ereigneten sich die Taten zu unterschiedlichen Zeiten und richteten sich gegen mehrere Minderjährige. Sie beantragte daher eine Strafverschärfung und fordert für die Angeklagten Freiheitsstrafen von bis zu 16 Jahren und sechs Monaten.

Vorwürfe aus der Parlamentskantine

Der Fall wurde öffentlich, nachdem ein betroffenes Mädchen seiner Familie von unangemessenen Nachrichten und Verhaltensweisen berichtet hatte. In der Folge wandten sich vier Mädchen, die zum Tatzeitpunkt noch keine 18 Jahre alt waren, an die Abteilung für Kinderschutz der Polizeidirektion Ankara. Sie erklärten, während ihrer Praktikumszeit im Parlament von den in der Kantine beschäftigten Halil İ.G., Durmuş U., İbrahim B., Ramazan Ç. und Recep S. belästigt worden zu sein. Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein.

Die Ermittler nahmen die Aussagen der Mädchen im Kinderbeobachtungszentrum auf. Anschließend nahm die Polizei alle fünf Beschuldigten fest. Halil İ.G., Durmuş U., İbrahim B. und Recep S. kamen in Untersuchungshaft, während Ramazan Ç. unter richterlichen Auflagen freigelassen wurde.

Staatsanwaltschaft beantragt Strafverschärfung

In der Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vor, ihre dienstliche Stellung sowie das bestehende Arbeits- und Ausbildungsverhältnis gezielt ausgenutzt zu haben. Als Personen mit erzieherischer und ausbildender Verantwortung hätten sie gegenüber Mädchen im Alter von 15 bis 18 Jahren in fortgesetzter Weise den Tatbestand der qualifizierten sexuellen Belästigung von Kindern erfüllt.

Zudem hätten einige der Beschuldigten über Mobiltelefonnachrichten Kontakt zu den Mädchen aufgenommen und dabei die Möglichkeiten elektronischer Kommunikationsmittel genutzt. Darüber hinaus sollen sie die Minderjährigen am Arbeitsplatz und außerhalb durch ihr Verhalten sexuell missbraucht haben; die Staatsanwaltschaft stuft dieses Verhalten als aufdringlich ein.

Das 57. Amtsgericht für Strafsachen in Ankara nahm die Anklageschrift an. In ihren Einlassungen bestritten die Angeklagten die Vorwürfe. Sie erklärten, zwischen ihnen und den Mädchen habe ein „Bruder-Schwester-Verhältnis“ bestanden. Die versandten Nachrichten seien Teil der Arbeitsbeziehung gewesen, körperliche Kontakte am Arbeitsplatz stellten keinen Übergriff dar.

Das Generalsekretariat der Großen Nationalversammlung äußerte sich bereits zuvor zu dem Fall. Im Rahmen der administrativen und strafrechtlichen Ermittlungen beantragten die zuständigen Stellen gegen drei Beschäftigte die Entlassung aus dem öffentlichen Dienst, gegen zwei weitere empfahlen sie Disziplinarmaßnahmen. Im Strafverfahren ordneten die Gerichte vier Haftanordnungen sowie eine Maßnahme unter richterlichen Auflagen an.

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