Vertrauen in türkische Medien auf Tiefpunkt

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Das Vertrauen in Nachrichtenmedien in der Türkei ist auf den niedrigsten Stand seit 2015 gesunken. Gleichzeitig gilt ein regierungsnaher Sender mittlerweile als das am wenigsten vertrauenswürdige Medienunternehmen des Landes. Dies geht aus dem „Digital News Report 2025“ des Reuters Institute for the Study of Journalism an der Universität Oxford hervor.

Während das generelle Vertrauen in türkische Medien sinkt, gewinnen regierungskritische und oppositionelle Medienhäuser in der öffentlichen Wahrnehmung an Glaubwürdigkeit. Laut Umfrage erhielt Now TV Haber mit 61 Prozent den höchsten Vertrauenswert, gefolgt von Sözcü TV mit 54 Prozent und Halk TV mit 53 Prozent.

Am anderen Ende des Spektrums steht A Haber, ein regierungsnaher Fernsehsender, der mit 37 Prozent den niedrigsten Vertrauenswert aufweist. Auch der staatliche Rundfunk TRT blieb mit 46 Prozent unter der 50-Prozent-Marke. Das Vertrauen in regierungsnahe Medien ist in den vergangenen Jahren von 58 Prozent auf 49 Prozent gefallen, während das Vertrauen in oppositionelle Medien von 32 Prozent auf 40 Prozent gestiegen ist.

Diese Entwicklung spiegelt eine wachsende Nachfrage nach unabhängiger Berichterstattung und politischer Pluralität wider – besonders unter jüngeren und städtischen Bevölkerungsgruppen. Der Bericht hebt hervor, dass oppositionelle Medien erfolgreicher darin sind, sich an digitale Plattformen anzupassen und ihr Publikum über soziale Netzwerke und Videoinhalte zu erreichen.

Videoformate werden deutlich beliebter

Global zeigt sich ein Rückgang der Nutzung traditioneller Medien wie Fernsehen und Print, während Online-Plattformen zunehmend an Bedeutung gewinnen. In der Türkei ist die wöchentliche Leserschaft gedruckter Tageszeitungen im Vergleich zu 2015 auf ein Drittel zurückgegangen.

Soziale Netzwerke wie YouTube, Instagram, WhatsApp und TikTok gehören inzwischen zu den am häufigsten genutzten Nachrichtenquellen, insbesondere bei den unter 35-Jährigen. Die zunehmende Vorliebe für videobasierte Inhalte ist Teil eines internationalen Trends: Der Anteil der Menschen, die Nachrichten im Videoformat konsumieren, stieg von 52 Prozent im Jahr 2020 auf 65 Prozent im Jahr 2025.

Auch auf künstlicher Intelligenz basierende Werkzeuge beginnen eine Rolle beim Nachrichtenkonsum zu spielen. Obwohl der weltweite Durchschnitt der wöchentlichen Nutzer mit 7 Prozent noch relativ niedrig ist, liegt die Nutzung bei jüngeren Zielgruppen deutlich höher: 15 Prozent der unter 25-Jährigen geben an, Nachrichten über KI-gestützte Chatbots zu konsumieren. Trotz dieser Entwicklungen äußern viele Befragte Vorbehalte gegenüber dem Einsatz von KI im Journalismus – aus Sorge um Genauigkeit und Verantwortlichkeit.

Pressefreiheit unter Druck

Das Reuters-Institut sieht einen direkten Zusammenhang zwischen dem Vertrauensverlust in türkische Medien und dem Zustand der Pressefreiheit im Land. Für das Jahr 2024 dokumentiert der Bericht mindestens zehn verhaftete, 57 inhaftierte und über 30 verurteilte Journalistinnen und Journalisten – meist unter dem Vorwurf der Beleidigung öffentlicher Amtsträger, der Verbreitung irreführender Informationen oder der Propaganda für terroristische Organisationen. Diese juristischen Repressionen haben im In- und Ausland für heftige Kritik gesorgt.

Im Juli 2024 forderte eine Koalition von 19 internationalen Menschenrechts- und Pressefreiheitsorganisationen die Europäische Union in einer gemeinsamen Erklärung zu einem entschlosseneren Eintreten für die Medienfreiheit in der Türkei auf.

Der Bericht verweist zudem auf Zahlen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte: Demnach ist die Türkei mit über 21.000 anhängigen Verfahren führend – viele davon betreffen Verstöße gegen die Meinungsfreiheit.

Laut der Organisation Freedom House zählt die Türkei weiterhin zu den zehn Ländern mit dem stärksten Rückgang an bürgerlichen Freiheiten im vergangenen Jahrzehnt. Die Organisation Reporter ohne Grenzen führt die Türkei im Welt-Pressefreiheitsindex 2025 auf Platz 159 von 180 Ländern.

In einem solchen Umfeld wird das Vertrauen in Nachrichten nicht allein von der journalistischen Qualität bestimmt, sondern auch von der politischen Ausrichtung. Der Bericht macht deutlich: Das Vertrauen der Öffentlichkeit fragmentiert sich zunehmend entlang ideologischer Linien – ein Muster, das auch in anderen Ländern zu beobachten ist, in der Türkei jedoch besonders stark ausgeprägt ist.

Trust in news in Turkey plunges to lowest level in a decade, Oxford study finds

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