Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat in einer am Montag über soziale Netzwerke verbreiteten Botschaft zu erhöhter Wachsamkeit gegenüber der als Glaubensgemeinschaft organisierten Gülen-Bewegung aufgerufen. Hintergrund ist eine Serie von Polizeieinsätzen, in deren Verlauf binnen zwei Wochen fast 500 Personen festgenommen worden sind. Dies berichtete das Stockholm Center for Freedom.
Die jüngsten Festnahmen erfolgten am Dienstag im Rahmen koordinierter Razzien in zehn Provinzen, darunter İstanbul, Ankara und İzmir. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor Haftbefehle gegen 31 Verdächtige erlassen, denen vorgeworfen wird, die Bewegung finanziell unterstützt zu haben.
Die aktuellen Maßnahmen reihen sich ein in eine Serie von Razzien. Allein zwischen dem 27. und 30. April wurden 218 Personen festgenommen. Am 5. Mai kamen weitere 33 hinzu. Einen Tag später nahm die Polizei in 47 Provinzen 208 Menschen fest. 77 von ihnen, darunter auch Studierende und Hochschulabsolventen, kamen in Untersuchungshaft. Am 9. Mai erfolgten schließlich 23 Festnahmen im Zusammenhang mit einer populären Döner-Restaurantkette, die aufgrund mutmaßlicher Verbindungen zur Bewegung kürzlich staatlich übernommen worden war.
Erdoğan geht bereits seit 2013 gegen Anhänger der Bewegung vor, die auf den inzwischen verstorbenen muslimischen Prediger Fethullah Gülen zurückgeht. Damals hatten Korruptionsermittlungen den damaligen Premierminister Erdoğan sowie sein familiäres und politisches Umfeld schwer belastet.
Erdoğan wies die Vorwürfe zurück und bezeichnete die Ermittlungen als Versuch eines von Gülen gesteuerten Staatsstreichs sowie als Verschwörung gegen seine Regierung. Seither stuft der türkische Staat die Gülen-Bewegung als terroristische Organisation ein und verfolgt deren Anhänger systematisch. Nach dem gescheiterten Putschversuch im Jahr 2016, für den Erdoğan Gülen verantwortlich macht, verschärfte die Regierung das Vorgehen nochmals deutlich. Gülen selbst sowie die Bewegung bestreiten jegliche Beteiligung an dem Umsturzversuch und weisen den Terrorismusvorwurf zurück.
In einer am 12. Mai veröffentlichten Botschaft auf der Plattform X bekräftigte Erdoğan den harten Kurs der Regierung. Er rief staatliche Stellen dazu auf, im Kampf gegen die Bewegung aufmerksam zu bleiben. „Ich glaube, dass unsere Justiz, ebenso wie unsere Sicherheits- und Nachrichtendienste, weiterhin die notwendige Aufmerksamkeit, Wachsamkeit und Sensibilität zeigen wird“, erklärte der Präsident.
Er beschrieb die Bewegung als „bösartige Struktur“ und warnte zugleich davor, dass jede Nachlässigkeit im Umgang mit ihr der Türkei „einen hohen Preis“ abverlangen werde.
Die Äußerungen, die sich ausdrücklich an die Justiz sowie an Sicherheitsbehörden richten, sind von Kritik begleitet worden. Beobachter sehen darin den Versuch, politischen Druck auf rechtsstaatliche Institutionen auszuüben.
Nach Angaben von Justizminister Yılmaz Tunç, der sich anlässlich des achten Jahrestags des Putschversuchs im Juli 2023 äußerte, wurden seit 2016 insgesamt 705.172 Personen wegen mutmaßlicher Verbindungen zur Bewegung auf Grundlage von Terror- oder Putschvorwürfen strafrechtlich untersucht. Der Minister gab an, dass sich zum damaligen Zeitpunkt 13.251 Personen in Untersuchungshaft oder im Strafvollzug befanden.
Es ist davon auszugehen, dass diese Zahlen in den vergangenen zehn Monaten weiter gestiegen sind, da das Vorgehen gegen die Bewegung unvermindert fortgesetzt wird. Präsident Erdoğan sowie mehrere Minister betonten zuletzt mehrfach, dass es nach dem Tod des muslimischen Predigers Gülen keine Lockerung im Vorgehen gegen dessen Anhänger geben werde.
Turkey detains nearly 500 people in two weeks as Erdoğan renews call to target Gülen movement
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