Abschiebungen in die Türkei verdoppeln sich – türkische Migration nach Deutschland auf Rekordhoch

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Die Zahl der aus Deutschland abgeschobenen türkischen Staatsangehörigen hat sich in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdoppelt. Damit ist die Türkei zum wichtigsten Zielland deutscher Abschiebungen geworden – parallel dazu erreicht die türkische Migration nach Deutschland historische Höchststände. Das berichtet der türkische Dienst der Deutschen Welle am Freitag.

Laut der Bundesregierung auf eine Anfrage der Oppositionspartei Die Linke wurden im Jahr 2024 insgesamt 1.087 Personen in die Türkei abgeschoben – im Vergleich zu 515 im Jahr 2022. Allein im ersten Quartal 2025 führte die Türkei mit 502 der insgesamt 6.151 Abschiebungen erneut die Liste an. Unter den Abgeschobenen befanden sich 92 Frauen und 83 Kinder.

Gleichzeitig stieg die Zahl der türkischen Zuwanderer nach Deutschland rasant an. Zwischen 2022 und 2024 wanderten rund 112.000 türkische Staatsbürger nach Deutschland ein. Damit lag die Türkei auf Platz drei der Hauptherkunftsländer. Angeführt wurde die Liste von der Ukraine mit 843.000 Zuwandernden, gefolgt von Syrien mit 124.000, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.

Zivilgesellschaftliche Organisationen sehen in dem Anstieg der Abschiebungen einen politischen Kurswechsel mit abschreckender Wirkung auf Asylsuchende.

„Türkische Fälle werden mit besonderer Eile bearbeitet. Entscheidungen werden beschleunigt getroffen, um schnelle Abschiebungen zu ermöglichen und andere abzuschrecken“, erklärte Dündar Kelloğlu von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl.

Die Bundestagsabgeordnete Clara Bünger (Die Linke) kritisierte die Abschiebung türkischer Staatsangehöriger unter den aktuellen Bedingungen scharf: „Das ist nicht nur verantwortungslos, sondern bringt Menschen konkret in Gefahr.“ Sie verwies auf das Vorgehen der türkischen Regierung gegen politische Gegner.

Ein besonders aufsehenerregender Fall war im Dezember 2024 die Abschiebung von Nusret Taş. Der 35-Jährige wurde am 20. Dezember unmittelbar nach seiner Ankunft in Istanbul festgenommen – nur einen Tag nach seiner Abschiebung durch die deutschen Behörden aufgrund eines abgelehnten Asylantrags.

Taş wurde wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation angeklagt – mit Verweis auf seine Verbindungen zur Gülen-Bewegung. Die Anklage stützte sich auf seine Nutzung der verschlüsselten Messaging-App ByLock, auf Zeugenaussagen weiterer Angeklagter sowie auf finanzielle Aktivitäten im Zusammenhang mit der Bewegung, darunter ein Konto bei der inzwischen aufgelösten Bank Asya und Geldtransfers von einem gülen-nahen Unternehmen.

Nach über zwei Monaten Untersuchungshaft erhielt Taş eine Bewährungsstrafe. Grundlage war das türkische „Effektive-Reue-Gesetz“, das bei Kooperation mit den Justizbehörden Strafmilderung ermöglicht.

Die Anhänger der Gülen-Bewegung – inspiriert vom islamischen Prediger Fethullah Gülen – stehen seit Dezember 2013 im Fadenkreuz von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Damals deckten Korruptionsermittlungen mögliche Verwicklungen des damaligen Premierministers Erdoğan sowie seines Umfelds auf. Erdoğan wies die Ermittlungen als Gülenistisches Komplott zurück und leitete eine umfassende Repressionswelle gegen die Bewegung ein. Im Mai 2016 wurde sie in der Türkei offiziell zur Terrororganisation erklärt. Nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli desselben Jahres, den Erdoğan der Bewegung anlastete – ein Vorwurf, den diese vehement bestreitet – verschärfte sich das Vorgehen nochmals deutlich.

Deutschland, Heimat der größten türkischen Diaspora in Europa, ist seit Jahren Zufluchtsort für zahlreiche Türken, die vor politischer Verfolgung fliehen oder auf ein besseres wirtschaftliches Leben hoffen. Nach dem Putschversuch 2016 suchten tausende Akademiker, Journalisten und Beamte Asyl in Europa – vor allem in Deutschland.

Bereits im September 2024 berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) über eine angebliche Vereinbarung zwischen Deutschland und der Türkei zur Rückführung abgelehnter türkischer Asylbewerber. Demnach sollen mehr als 13.500 Personen schrittweise abgeschoben werden. Die türkische Regierung wies diese Berichte jedoch zurück.

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