Ein türkisches Gericht hat am Freitag die Verhaftung von 13 Personen angeordnet, die zuvor im Rahmen einer Untersuchung gegen die bekannte Dessertkette Antiochia Künefe festgenommen worden waren. Das Unternehmen wird verdächtigt, die islamisch inspirierte Gülen-Bewegung finanziell unterstützt zu haben.
Die Verhaftungen folgten auf eine koordinierte Polizeiaktion am Montag, bei der 33 Verdächtige in fünf Provinzen festgenommen wurden. Die Ermittlungen werden von der Generalstaatsanwaltschaft in Izmir in Zusammenarbeit mit dem Finanzermittlungsamt MASAK geführt. Ausgangspunkt der Operation war eine Analyse der Finanzunterlagen des Unternehmens, die angeblich Verbindungen zur Gülen-Bewegung aufgedeckt haben soll.
Laut Angaben der Staatsanwaltschaft belegten digitale Materialien, die bei früheren Durchsuchungen sichergestellt wurden, Geldflüsse im Rahmen der Geschäftstätigkeiten von Antiochia Künefe. Die Behörden beschlagnahmten dabei 100.000 Türkische Lira in bar (ca. 2.500 US-Dollar), 33 Goldmünzen sowie diverse digitale Daten und Unterlagen.
Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan geht seit den Korruptionsermittlungen von 2013, die ihn selbst, seine Familie und sein Umfeld belasteten, gezielt gegen die Gülen-Bewegung vor. Die damaligen Ermittlungen wies er als „Putschversuch der Gülenisten“ und als Verschwörung gegen seine Regierung zurück. Im Mai 2016 stufte er die Bewegung als Terrororganisation ein. Nach dem gescheiterten Militärputsch vom Juli desselben Jahres, für den Erdoğan den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen verantwortlich machte, verschärfte die Regierung das Vorgehen weiter. Die Bewegung weist eine Beteiligung am Putschversuch sowie jegliche terroristische Aktivitäten entschieden zurück.
Die aktuellen Verhaftungen sind Teil einer breiteren Repressionskampagne gegen mutmaßliche Anhänger der Bewegung. Betroffen sind regelmäßig Unternehmen, Bildungsinstitutionen, Journalist:innen sowie zivilgesellschaftliche Gruppen. Menschenrechtsorganisationen und westliche Regierungen äußerten wiederholt Kritik an der umfassenden Anwendung türkischer Antiterrorgesetze zur Unterdrückung politischer Opposition.
Laut Justizminister Yılmaz Tunç wurden bis Juli vergangenen Jahres – dem achten Jahrestag des Putschversuchs – insgesamt 705.172 Personen wegen angeblicher Verbindungen zur Bewegung wegen Terror- oder Umsturzverdachts strafrechtlich verfolgt. Zum damaligen Zeitpunkt befanden sich 13.251 Personen in Untersuchungshaft oder verbüßten eine Haftstrafe in Zusammenhang mit entsprechenden Prozessen.
Diese Zahlen dürften in den vergangenen zehn Monaten weiter gestiegen sein, da die Operationen gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger unvermindert fortgesetzt werden. Mehrfach betonte Erdoğan, dass der Kampf gegen die Bewegung auch nach dem Tod Gülens, der im Alter von 83 Jahren verstarb, konsequent fortgesetzt werde.
Ein im vergangenen Jahr veröffentlichter Bericht mit dem Titel „Verfolgung durch Enteignung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Der Fall der Gülen-Gruppe“ dokumentiert das Ausmaß der staatlichen Beschlagnahmungen gegen die Bewegung. Demnach wurde Eigentum im Wert von geschätzt 50 Milliarden US-Dollar konfisziert, wovon über 1,5 Millionen Menschen betroffen seien. Die Autor:innen sprechen von systematischen und weitreichenden Rechtsverletzungen, die internationalen und nationalen Gesetzen widersprechen und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu bewerten seien.
No comments