Weniger als 48 Stunden nach ihrer Freilassung hat ein Gericht in Istanbul die erneute Festnahme von Ayşe Barım, einer bekannten Managerin türkischer TV-Stars, angeordnet. Das berichtete das Stockholm Center for Freedom unter Berufung auf türkische Medien.
Barım war am Mittwoch nach 248 Tagen Untersuchungshaft entlassen worden. Während die erste Berufung der Staatsanwaltschaft gegen ihre Freilassung vom 26. Hohen Strafgericht in Istanbul zurückgewiesen wurde, führte ein weiterer Einspruch vor dem 27. Hohen Strafgericht am Donnerstagabend zu dem Beschluss, sie erneut festzunehmen.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung befand sich Barım im Krankenhaus, nachdem sie kurz nach ihrer Freilassung zu Hause zusammengebrochen war.
Schwere gesundheitliche Probleme
Die Managerin, die an einem Aneurysma im Gehirn sowie an Herzproblemen leidet, erklärte vor Gericht, sie habe im Gefängnis über 30 Kilogramm Gewicht verloren. Ihr Gesundheitszustand sei lebensbedrohlich, sollte sie keine dringend notwendige medizinische Behandlung erhalten. Für Freitag war eine Herzuntersuchung angesetzt.
Barım war im Januar unter dem Vorwurf der „Versuchung zum Umsturz der Regierung“ festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, ihre Klienten ermutigt zu haben, sich an den Gezi-Park-Protesten 2013 zu beteiligen. Barım wies die Anschuldigungen zurück und erklärte, sie habe den Park während der Proteste lediglich zweimal besucht und betonte, dass die Schauspieler, die sie vertrete, ihre eigenen Entscheidungen träfen.
Die Gezi-Park-Proteste begannen ursprünglich als Widerstand gegen die geplante Bebauung einer Parkanlage im Zentrum Istanbuls, entwickelten sich aber rasch zu landesweiten regierungskritischen Demonstrationen. Die harte Niederschlagung durch die Polizei forderte mindestens 11 Todesopfer.
Politisch motivierter Fall?
Der Fall Barım stößt auf breite Kritik von Oppositionspolitikern und Menschenrechtsorganisationen. Sie sehen darin ein weiteres Beispiel für die anhaltende Unterdrückung von Dissens und den Versuch der Regierung, auch über die Unterhaltungsbranche Kontrolle auszuüben.
Zudem rückt der Fall die Situation von schwerkranken Gefangenen in der Türkei erneut in den Fokus. Viele von ihnen sitzen trotz gesetzlicher Möglichkeiten zur Aussetzung ihrer Strafe weiterhin in Haft. Nach Gesetz Nr. 5275 kann die Strafe von Gefangenen, die aufgrund schwerer Krankheit oder Behinderung unter den Bedingungen der Haft nicht für sich selbst sorgen können und keine konkrete Gefahr für die Gesellschaft darstellen, ausgesetzt werden – eine Regelung, die jedoch selten umgesetzt wird.
Die Menschenrechtsvereinigung İHD berichtet, dass derzeit mehr als 1.400 kranke Gefangene in türkischen Haftanstalten sitzen, darunter Hunderte in kritischem Zustand. Immer wieder gibt es Beschwerden über verspätete Verlegungen in Krankenhäuser, mangelhafte medizinische Versorgung in Gefängniskrankenstationen und forensische Gutachten, die selbst schwerkranken Häftlingen die Haftentlassung verweigern.
Allein in den ersten elf Monaten des Jahres 2024 registrierte das Justizministerium nach eigenen Angaben 709 Todesfälle in Gefängnissen.

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