Nach dem Konzert des Frontsängers Kaan Tangöze der türkischen Rock-Band “Duman” an der Kahramanmaraş Sütçü İmam Universität ist eine politische Debatte entbrannt. Grund dafür ist eine abgeänderte Version des bekannten Liedes „Baltalar elimizde“, die Tangöze während seines Auftritts sang. Das Video des Covers verbreitete sich rasch in sozialen Medien und führte dazu, dass bestimmte Gruppen den Künstler öffentlich attackierten. In der Folge leitete die Universitätsverwaltung eine administrative Untersuchung zu dem Konzert ein.
Die Universitätsleitung distanzierte sich in einer ausführlichen Erklärung von der Veranstaltung. Rektor Alptekin Yasım betonte, dass die Hochschule das Konzert nicht selbst organisiert, sondern den Saal lediglich gegen Gebühr an eine externe Firma vermietet habe. Weder die Universität noch ihre Leitung hätten Kenntnis vom geplanten Repertoire gehabt.
Gleichzeitig verurteilte die Universitätsleitung die in Umlauf gebrachten Vorwürfe scharf. Es sei ein Versuch, die Institution und ihre Verantwortlichen durch „spekulative und manipulative Aussagen“ zu diskreditieren. Die Behauptungen, die Universität habe durch das Konzert „bewusst provoziert“ oder „gesellschaftliche Unruhe erzeugt“, seien unbegründet und entsprächen nicht den Tatsachen. Die Leitung betonte, keiner ihrer Vertreter habe an der Veranstaltung teilgenommen und das Konzert sei auf keiner offiziellen Plattform der Universität beworben worden.
In ihrer Stellungnahme führte die Universität außerdem aus, dass die Kritik an der Hochschulleitung „jede sachliche Ebene verlassen“ habe und inzwischen „einen gezielten Angriff auf die Institution“ darstelle. Die Verantwortlichen behielten sich rechtliche Schritte gegen jene vor, die die Universität oder deren Repräsentanten bewusst falsch darstellen. Gleichzeitig wurde bestätigt, dass eine sofortige interne Prüfung eingeleitet wurde.
Der Vorgang löst jedoch auch grundsätzliche Bedenken aus. Ein Künstler dafür zu kritisieren oder gar durch Ermittlungen unter Druck zu setzen, weil er einen Songtext kreativ verändert hat, steht in deutlichem Widerspruch zu den Grundprinzipien von Kunstfreiheit und freier Meinungsäußerung. In demokratischen Gesellschaften gilt es als problematisch, wenn Musiker wegen stilistischer oder inhaltlicher Interpretationen ihrer Lieder zum Gegenstand formeller Untersuchungen werden. Kreative Ausdrucksformen dürfen nicht durch politischen Druck eingeschränkt werden, und künstlerische Performances sollten nicht als Grundlage für strafähnliche Maßnahmen dienen.
Der Fall wird in der Türkei daher nicht nur als lokale Kontroverse, sondern als weiteres Beispiel für die zunehmende Polarisierung und die wachsende Sensibilität gegenüber kulturellen und politischen Symbolen wahrgenommen.
Am Ende des Songs hatte Tangöze die Passage „Baltalar elimizde“ mit den Worten „Baltalar elimizde, imarı cebimizde“ (dt. “Mit den Äxten in der Hand, mit der Baugenehmigung in der Tasche“) abgewandelt – eine Zeile, die in Teilen der Öffentlichkeit als politischer Kommentar interpretiert wurde.

No comments