Die Internetfreiheit in der Türkei hat sich im Jahr 2024 weiter verschlechtert. Behörden sperrten den Zugang zu 740.624 Domainnamen sowie 8.762 Nachrichtenartikeln, wie das Stockholm Center for Freedom unter Berufung auf den Internet-Zensurbericht 2024 mitteilte.
Aus dem Bericht, der vom Journalisten Ali Safa Korkut verfasst wurde, geht hervor, dass zudem 1.897 Social-Media-Konten eingeschränkt wurden. Darunter befanden sich 51 Konten von Journalistinnen, Journalisten und Medienorganisationen.
Zum Vergleich: In der Ausgabe des Berichts von 2022 wurden Zugangssperren für 35.066 Domains und 3.196 Nachrichtenartikel dokumentiert – ein mehr als zwanzigfacher Anstieg innerhalb von zwei Jahren.
Laut Bericht befasste sich der Großteil der 8.762 gesperrten Nachrichten mit Korruption und Amtsmissbrauch, davon 2.705 Artikel über öffentliche Amtsträger.
Ein eigenes Kapitel widmet sich Zugangssperren zu Berichten über eine öffentliche Ausschreibung, die an einen ehemaligen Schulfreund von Bilal Erdoğan, dem Sohn von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, vergeben worden war. Dem Bericht zufolge beantragte Bilal Erdoğan später eine zweite Sperre, die sich gegen einen Folgeartikel zur ursprünglichen Zugriffsbeschränkung richtete.
Von den 7.218 gesperrten Social-Media-Beiträgen betrafen 3.177 Berichte über Gewalt gegen Frauen und Kinder, während 1.374 Beiträge mit Korruptions- und Amtsmissbrauchsvorwürfen in Zusammenhang standen.
Im Jahr 2024 wurden zudem 22 Domainnamen von 12 Zeitungen auf Grundlage von Entscheidungen 16 verschiedener Friedensrichter gesperrt. Als Begründung nannten die Behörden „nationale Sicherheit und öffentliche Ordnung“.
In den vergangenen zehn Jahren hat die Türkei zunehmend strenge Gesetze zur Regulierung digitaler Plattformen eingeführt. Besonders umstritten ist das Desinformationsgesetz von 2022, das die Verbreitung angeblich „falscher oder irreführender Informationen“ unter Strafe stellt und Haftstrafen von bis zu drei Jahren vorsieht. Kritiker sehen darin ein Instrument zur Unterdrückung von Kritik und oppositionellen Stimmen.
Die Regierung legt nicht offen, nach welchen Kriterien Inhalte als Desinformation eingestuft oder Konten kriminalisiert werden. Menschenrechtsorganisationen berichten, dass Vorwürfe wie „Verbreitung irreführender Informationen“ oder „Beleidigung des Präsidenten“ routinemäßig eingesetzt werden, um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen.
Beobachter der Pressefreiheit nennen die zunehmende digitale Zensur als einen der Hauptgründe für die schlechte Platzierung der Türkei in internationalen Medienfreiheitsrankings. Im Bericht „Freedom on the Net 2025“ wird die Türkei zu den fünf Ländern mit dem stärksten langfristigen Rückgang der Internetfreiheit gezählt. Mit 31 von 100 Punkten landet das Land im untersten Bereich der 72 bewerteten Staaten.

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