Mitglieder der Hizmet-Bewegung in großer Gefahr – Australisches Außenministerium warnt in neuem Türkei-Bericht

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Die systematischen, menschenrechtswidrigen Maßnahmen des AKP-Regimes gegen die Hizmet-Bewegung, sowohl im Inland als auch im Ausland, wurden nun im offiziellen „Türkei-Bericht“ des australischen Außen- und Handelsministeriums (DFAT) dokumentiert. Der Bericht stellt fest, dass zehntausende Menschen wegen legaler Aktivitäten verfolgt, aus dem Staatsdienst entlassen, inhaftiert oder unter Notstandsdekreten (KHK) verhaftet wurden. Besonders alarmierend: Mitglieder der Hizmet-Bewegung seien einem „hohen Risiko“ ausgesetzt, so das DFAT wörtlich: „DFAT bewertet, dass Personen, die mit der Gülen-Bewegung in Verbindung gebracht werden, durch öffentliche Nennung, Stigmatisierung und gesellschaftliche Diskriminierung einem hohen Risiko ausgesetzt sind.“

Folter, Diskriminierung und willkürliche Verhaftungen dokumentiert

Der Bericht nennt schwerwiegende Hinweise auf Folter und Misshandlungen: „Nur ein kleiner Teil der Entlassenen oder Verhafteten wurde direkt mit dem Putschversuch in Verbindung gebracht. Die meisten wurden wegen mutmaßlicher Zugehörigkeit zur Bewegung oder angeblich unrechtmäßiger Ernennung in den Staatsdienst festgenommen. Nach dem gescheiterten Putsch 2016 seien viele Inhaftierte in Polizeigewahrsam gefoltert worden“, heißt es. Amnesty International und Human Rights Watch dokumentierten Prügel, Stresspositionen, Entzug von Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung, Scheinhinrichtungen sowie sexuelle Übergriffe. Diese Folterungen wurden oft in inoffiziellen Haftzentren unter polizeilicher Aufsicht durchgeführt. Zu den Betroffenen zählen Richter, Staatsanwälte, Soldaten, Polizisten und weitere Beamte.

Breite Analyse der Menschenrechtslage

Das DFAT liefert mit dem Bericht eine umfassende Analyse der politischen, wirtschaftlichen und menschenrechtlichen Lage in der Türkei. In der Rubrik „Politische Verfolgung“ werden auch die systematischen Rechtsbrüche gegenüber der Hizmet-Bewegung thematisiert. Über 100.000 Menschen wurden nach dem Putschversuch verhaftet, 330.000 in Gewahrsam genommen, 130.000 Beamte entlassen – viele davon mit Verbindungen zur Hizmet-Bewegung.

Zweifelhafte Beweislage: ByLock als Hauptvorwurf

Zahlreiche Verhaftungen stützen sich laut Bericht auf äußerst fragwürdige Beweise. Die Nutzung der verschlüsselten Messaging-App ByLock diene oft als einziges Indiz für eine angebliche Mitgliedschaft. So habe die Staatsanwaltschaft in Ankara 2017 eingeräumt, dass rund 11.500 Personen fälschlich als ByLock-Nutzer identifiziert worden seien – ein Hinweis auf die Schwäche der Beweisführung.

Anti-Terror-Gesetze als Repressionsinstrument

Das DFAT kritisiert die weitreichende und vage Auslegung türkischer Antiterrorgesetze (u. a. Artikel 220 und 314 des Strafgesetzbuches). Diese wurden von internationalen Organisationen wie dem UN-Menschenrechtsrat und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als übermäßig breit und unklar kritisiert. Ein Gesetz aus dem Jahr 2016 gewährt Sicherheitskräften nahezu völlige Immunität für ihr Vorgehen bei Anti-Terror-Einsätzen – dies erschwert Ermittlungen bei Foltervorwürfen erheblich.

„Beleidigung des Präsidenten“ als Unterdrückungswerkzeug

Besondere Aufmerksamkeit erhält im Bericht auch der häufige Einsatz des Paragrafen 299 zur „Präsidentenbeleidigung“. Über 160.000 Personen wurden seit 2014 wegen angeblicher Beleidigung Erdoğans untersucht, Tausende verurteilt. Auch Minderjährige, Akademiker und Politiker seien betroffen.

Notstand und Dekret-Regierung

Der zwischen 2016 und 2018 geltende Ausnahmezustand ermöglichte dem AKP-Regime das Regieren per Dekret – ohne parlamentarische Kontrolle. Diese Dekrete führten zu Entlassungen, Institutionenschließungen und juristischer Immunität für staatliches Handeln. Selbst nach den Erdbeben 2023 wurde erneut der Notstand ausgerufen, um Kritik an der Regierung zu unterdrücken.

Verfolgung von Hizmet-Anhängern im In- und Ausland

Im Abschnitt zur Hizmet-Bewegung beschreibt das DFAT diese als zivilgesellschaftliche Bewegung, basierend auf den Lehren Fethullah Gülens. Die türkische Regierung liefere keine klaren Kriterien, wie eine Zugehörigkeit festgestellt werde. Neben der ByLock-Nutzung dienten auch Mitgliedschaft in bestimmten Banken, Schulen oder Gewerkschaften sowie anonyme Hinweise als Grundlage für Entlassungen und Inhaftierungen.

Besonders dramatisch ist die Auslandsverfolgung: Die Türkei habe mehrfach versucht, mutmaßliche Anhänger im Ausland zu überwachen, zu entführen oder ausliefern zu lassen – auch mit Hilfe des Geheimdienstes MIT. In mindestens 17 Ländern seien seit 2016 über 50 Personen zurückgeführt worden, vielfach ohne Wissen der dortigen Behörden.

Risikoanalyse: Mitglieder besonders gefährdet

Das australische Außenministerium kommt zu einem eindeutigen Schluss: „DFAT bewertet, dass Personen, denen eine Verbindung zur Gülen-Bewegung unterstellt wird, einem hohen Risiko von Verhaftung, Misshandlung und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt sind – insbesondere dann, wenn sie öffentlich identifiziert wurden.“ Auch außerhalb der Türkei sei Überwachung und Einschüchterung möglich.

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