Die türkische Medienaufsichtsbehörde RTÜK hat gegen den oppositionell ausgerichteten Fernsehsender TELE1 ein fünftägiges Sendeverbot sowie eine Geldstrafe verhängt. Anlass seien Äußerungen des Chefredakteurs Merdan Yanardağ in einer politischen Kommentarsendung gewesen.
Bemerkenswert ist, dass die Entscheidung am 24. Juli bekannt gegeben wurde – dem türkischen Pressetag, der an die Aufhebung der offiziellen Pressezensur im Jahr 1908 erinnert.
„Islamistischer Putsch“ – Kritik an Yanardağ
Laut RTÜK habe Yanardağ den gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 als „islamistischen Putsch“ bezeichnet und der regierenden AKP die Hauptverantwortung zugeschrieben. Diese Aussagen wurden von der Behörde als „Aufruf zu Hass und Feindseligkeit“ gewertet. Bei dem Putschversuch kamen 250 Menschen ums Leben, über 1.000 wurden verletzt.
Unmittelbar nach dem Putschversuch machten die Regierung und Präsident Recep Tayyip Erdoğan die Gülen-Bewegung dafür verantwortlich. Die Bewegung, die auf den Prediger Fethullah Gülen zurückgeht, bestreitet jedoch jede Beteiligung.
Opposition spricht von Einschüchterung
İlhan Taşcı, RTÜK-Mitglied der oppositionellen CHP, machte die Sanktionen öffentlich und kritisierte sie scharf: „Sie wollen die Wahrheit zum Schweigen bringen. Ihr Ziel ist es, die Presse zu unterdrücken und die Bildschirme ins Dunkel zu stürzen“, schrieb er auf X (ehemals Twitter). Er warnte zudem, dass TELE1 bei einer erneuten Sanktion innerhalb eines Jahres die Lizenz dauerhaft entzogen werden könne.
Auch CHP-Fraktionsvize Ali Mahir Başarır war ins Visier von RTÜK geraten. Wegen seiner kritischen Aussagen im Zusammenhang mit dem anhaltenden Vorgehen gegen die CHP erhielten TELE1 und Halk TV zusätzlich eine Geldstrafe in Höhe von 3 Prozent ihres Jahresumsatzes.
Özel: „Strafen gelten dem Publikum“
CHP-Chef Özgür Özel verurteilte die RTÜK-Entscheidung als Angriff auf die Meinungsfreiheit. „Diese Strafen treffen nicht die Sender, sondern ihr Publikum“, sagte er und warf den Behörden vor, mit den Sanktionen oppositionelle Medien im Vorfeld der anstehenden Wahlen gezielt ausschalten zu wollen. „Das ist der mediale Arm des Versuchs, den Willen zum Machtwechsel bei den nächsten freien Wahlen zu unterdrücken“, erklärte er.
Internationale Kritik an RTÜK
Kritiker sehen RTÜK seit Langem als politisches Instrument, das kritische Stimmen mundtot machen und eine regierungsnahe Berichterstattung durchsetzen soll. Die Türkei rangiert im World Press Freedom Index 2025 von Reporter ohne Grenzen auf Platz 159 von 180 Staaten.

No comments