Erdogans Berater fordert neue Verfassung für Friedensprozess mit der PKK

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Der Friedensprozess mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) erfordere nach Einschätzung des engsten Umfelds des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eine grundlegende Neuordnung der Verfassung. „Die Zeit ist reif für eine neue Verfassung, die die territoriale Integrität, die politische Einheit und die äußere Sicherheit der Türkei wahrt und stärkt“, erklärte Erdogans Chefberater Mehmet Ucum in einem am Montag veröffentlichten Gespräch mit dem Nachrichtenportal Habertürk.

Bereits Anfang August hatte das Parlament in Ankara einen parteiübergreifenden Sonderausschuss eingesetzt, um Vorschläge zur Umsetzung des Friedensprozesses zu erarbeiten. Nach Darstellung Ucums finden sich in den Entwürfen auch mehrere Forderungen der pro-kurdischen Partei DEM wieder. Dazu zählen eine neue Definition der Staatsbürgerschaft, die Möglichkeit für Unterricht in kurdischer Sprache sowie Reformen in der Kommunalverwaltung.

Gleichzeitig erteilte Ucum einem Sonderstatus für die kurdische Minderheit, die etwa ein Fünftel der Bevölkerung ausmacht, eine klare Absage. „Der Staat des kurdischen Volkes ist die Republik Türkei, die Türkei ist die Heimat des kurdischen Volkes“, sagte er.

Die PKK hatte im Mai ihre Selbstauflösung bekanntgegeben und damit den jahrzehntelangen bewaffneten Kampf für die Rechte der Kurden offiziell für beendet erklärt. Anfang Juli verbrannten dreißig Kämpfer der Organisation im kurdischen Norden des Irak bei einer Zeremonie symbolisch ihre Waffen. Damit folgten sie einem Aufruf des seit 1999 inhaftierten Gründers Abdullah Öcalan, der wegen Hochverrats eine lebenslange Strafe verbüßt.

Gleichwohl stufen die Türkei und ihre westlichen Verbündeten die PKK weiterhin als Terrororganisation ein. Seit 1984 forderte der Konflikt zwischen der Guerilla und den türkischen Streitkräften mehr als 40.000 Todesopfer. Inzwischen gilt die Organisation als militärisch deutlich geschwächt.

Beobachter gehen daher davon aus, dass die PKK dem Friedensprozess auch deshalb zugestimmt habe, um einen Gesichtsverlust zu vermeiden. Erdogan wiederum könnte die Aussöhnung als politisches Instrument verstehen: Laut Verfassung darf er 2028 nicht mehr antreten. Mit Unterstützung der pro-kurdischen DEM-Partei wäre es ihm jedoch möglich, die erforderliche Parlamentsmehrheit für vorgezogene Neuwahlen zu gewinnen – und sich so doch noch eine weitere Amtszeit als Staatspräsident zu sichern.

© Agence France-Presse

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