Der international renommierte Filmregisseur Fatih Akın äußert die Befürchtung, bei einer Rückkehr in die Türkei inhaftiert zu werden. Anlass ist die Festnahme seiner langjährigen Managerin Ayşe Barım, der von türkischen Behörden vorgeworfen wird, einen Umsturzversuch unterstützt zu haben. Akın sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Agence France-Presse, dass in einem Land, das seiner Ansicht nach von „Mobstern“ regiert werde, alles möglich sei.
Der deutsch-türkische Filmemacher, der unter anderem durch Werke wie Gegen die Wand, Aus dem Nichts und die Musikdokumentation Crossing the Bridge über İstanbul bekannt wurde, bezeichnete Barım als „völlig unpolitisch und unschuldig“. Die Vorwürfe gegen sie stehen im Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten, die sich im Jahr 2013 ereigneten.
„Wenn sie im Gefängnis ist – was zur Hölle ist da los?“, fragte Akın. „Dann gehe ich lieber gar nicht erst hin. Ich will kein Risiko eingehen.“
Barım, 56 Jahre alt, war im Januar dieses Jahres festgenommen worden. Sie bestreitet, an der Organisation der Gezi-Proteste beteiligt gewesen zu sein, und erklärt, sie habe die Veranstaltungen lediglich besucht, um ihre Klienten zu begleiten – darunter prominente Schauspielerinnen und Schauspieler der Türkei. Die Anklage behauptet, sie habe ihre Schützlinge zur Teilnahme gedrängt – ein Vorwurf, den sie zurückweist.
Was als kleine Umweltaktion zur Rettung von Bäumen im Gezi-Park im Zentrum İstanbuls begann, entwickelte sich 2013 zu landesweiten Protesten gegen die Regierung des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, die Hunderttausende auf die Straßen brachte.
Akın, der in Hamburg geboren wurde und dessen neuer Film Amrun jüngst beim Filmfestival von Cannes Premiere feierte, erklärte, dass offiziell kein Haftbefehl gegen ihn vorliege. Gleichwohl sei er sich dessen nicht sicher. Angesichts der politischen Lage in der Türkei halte er es für möglich, dass auch gegen ihn vorgegangen werde.
„Sie haben andere Werte – das ist schockierend“, sagte Akın und ergänzte: „Bestimmte Politiker schrecken nicht einmal vor einem Krieg zurück, wenn es ihnen hilft, an der Macht zu bleiben. Erdoğan gehört zu ihnen.“
Seit der Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu im März wegen Korruptionsvorwürfen erlebt die Türkei die größte Protestwelle seit Jahren. Der populäre Oppositionspolitiker gilt als aussichtsreicher Herausforderer Erdoğans. Menschenrechtsorganisationen und Vertreter der Opposition sehen in seiner Inhaftierung den Versuch, eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2028 zu verhindern. Seit seiner Festnahme wurden nahezu 2.000 Personen im Zuge eines verschärften Vorgehens gegen Regierungsgegner inhaftiert. Auch der X-Account des Bürgermeisters wurde blockiert.
Akın, dessen Familie wie die Erdoğans aus der Schwarzmeerregion stammt, verwies im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen Barım auf 39 Telefonate mit dem inhaftierten Unternehmer und Kulturförderer Osman Kavala. Diese seien im Zusammenhang mit Akıns Film The Cut entstanden, der sich mit dem Völkermord an den Armeniern während der späten osmanischen Epoche beschäftigt. Kavala habe den Film teilweise finanziert, Barım sei als seine Managerin involviert gewesen.
„Die Gespräche bezogen sich auf meinen Film. Sie haben meinetwegen miteinander gesprochen – und nun sitzen beide im Gefängnis. Ich bin der Verbindungspunkt“, so Akın. Barım sei so wenig politisch aktiv, wie man es sich nur vorstellen könne: „Sie ist Agentin, Talentmanagerin – eine neoliberale Kapitalistin, um Himmels willen.“
Der mit dem Golden Globe und dem Goldenen Bären ausgezeichnete Regisseur äußerte die Vermutung, die türkische Justiz könne auch ihn als Teil einer angeblichen Verschwörung gegen Erdoğan darstellen wollen.
„Viele Menschen sind stolz auf mich, weil ich türkische Kultur und Diaspora sichtbar mache – aber diesen Leuten ist das egal“, so Akın. Türkische Behörden gingen regelmäßig gegen Journalistinnen und Journalisten, Rechtsanwälte, Künstler sowie gewählte politische Vertreter vor – insbesondere seit dem gescheiterten Putschversuch im Jahr 2016.
Director Fatih Akın says Turkey is run by ‘mobsters,’ fears arrest over jailed manager
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