Türkei sperrt YouTube-Kanal des im Exil lebenden Journalisten Can Dündar nach Protestaufruf

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Ein Gericht in Istanbul hat den YouTube-Kanal des im Exil lebenden Journalisten Can Dündar blockiert. Zur Begründung verwies das Gericht auf „nationale Sicherheit und öffentliche Ordnung“, nachdem Dündar die größte Oppositionspartei CHP und deren Anhänger dazu aufgerufen hatte, gegen die staatliche Einsetzung von Treuhändern in der Partei auf die Straße zu gehen. Dies berichtete das Stockholm Center for Freedom unter Berufung auf türkische Medien.

In einem Video auf YouTube erklärte Dündar, diejenigen, die den Rechtsstaat abgeschafft hätten, hätten den Weg für zivilen Ungehorsam geebnet. Die CHP habe „nur einen Ausweg: auf die Straße zu gehen, auf der Straße zu bleiben und ihre legitime Macht aus der Straße zu schöpfen.“

Die Äußerungen stießen in regierungsnahen Medien auf scharfe Kritik, die das Video als „Aufruf zum Aufstand“ bezeichneten. Daraufhin leitete die Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft eine Untersuchung ein. Das 6. Strafgericht für Frieden in Istanbul verhängte auf Grundlage von Artikel 8/A des türkischen Internetgesetzes eine Sperrung des Zugangs. Internetanbieter wurden über die Entscheidung informiert, auch wenn der Kanal am Freitag noch erreichbar war.

Hintergrund

Can Dündar war im November 2015 verhaftet worden, nachdem die Tageszeitung Cumhuriyet über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes MIT nach Syrien berichtet hatte. Ihm wurde „Spionage“ und „Preisgabe von Staatsgeheimnissen“ vorgeworfen. Präsident Recep Tayyip Erdoğan erklärte damals, Dündar werde „einen hohen Preis zahlen“ und forderte persönlich mehrfach lebenslange Haftstrafen.

Am 26. Februar 2016 kam Dündar nach einem Urteil des türkischen Verfassungsgerichts frei, das eine Verletzung seiner Grundrechte feststellte. Seit Juni 2016 lebt er in Deutschland. Seither haben türkische Behörden wiederholt seine Nachrichtenportale blockiert und seine Vermögenswerte beschlagnahmt.

Laut einem Bericht der Journalistenvereinigung Dicle Fırat (DFG) befanden sich am 31. August 33 Journalisten in türkischen Gefängnissen.

Die Türkei gehört weltweit zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Medienschaffenden. Im World Press Freedom Index 2025 von Reporter ohne Grenzen belegte das Land Rang 159 von 180. Behörden nutzen häufig weit gefasste Anti-Terror-Gesetze und Beleidigungsvorwürfe, um Journalist:innen strafrechtlich zu verfolgen.

 

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