İmamoğlu warnt vor „großer Gefahr“ – CHP droht Verlust der Führung

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Der inhaftierte Bürgermeister von Istanbul und Oppositionspolitiker Ekrem İmamoğlu hat in einer Erklärung auf X vor einem „großen Gefahrenszenario“ für die Türkei gewarnt. Anlass ist die bevorstehende Gerichtsentscheidung über die Rechtmäßigkeit des CHP-Parteitags von 2023, die dem amtierenden Vorsitzenden Özgür Özel sein Amt entziehen könnte.

„Wahlen drohen an Bedeutung zu verlieren“

İmamoğlu schrieb: „Wir bewegen uns auf einen Weg zu, an dem Wahlen und abgegebene Stimmen ihre Bedeutung verlieren.“ Er rief Parteien, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und die Zivilgesellschaft dazu auf, demokratische Rechte zu verteidigen. Demokratie, Wahlrecht und Rechtsstaatlichkeit müssten gemeinsam geschützt werden, betonte er.

Junge CHP-Anhänger bereiten sich auf Unruhen vor

Nach einem Bericht der Zeitung Sözcü horten Jugendorganisationen der CHP bereits Vorräte wie Nudeln, Kekse, Zitronen sowie tausende N95-Gasmasken in der Parteizentrale in Ankara. Damit wollen sie sich auf mögliche Polizeieinsätze vorbereiten – wie zuletzt in Istanbul, wo Polizisten beim gerichtlichen Eingriff in die CHP-Provinzzentrale Tränengas gegen Abgeordnete und Demonstrierende einsetzten.

Entscheidende Gerichtsverhandlung am 15. September

Am kommenden Montag verhandelt das 42. Zivilgericht in Ankara über die Annullierung des CHP-Parteitags vom November 2023. Zwar hat der Oberste Wahlrat (YSK) die Wahl Özgür Özels bereits bestätigt, doch könnte das Gericht den Parteitag aus formalen Gründen für ungültig erklären. Im Gespräch sind dann die Einsetzung eines Zwangsverwalters oder sogar die Rückkehr des früheren Vorsitzenden Kemal Kılıçdaroğlu. Viele Rechtsexperten bezeichnen ein solches Vorgehen als verfassungswidrig.

Analysten warnen vor „Justizputsch“

„Sollte ein solcher Justizputsch gegen die größte Oppositionspartei stattfinden, wäre das der Zusammenbruch des Mehrparteiensystems in der Türkei“, sagte Politikanalyst Berk Esen von der Sabancı-Universität gegenüber Reuters.

CHP kündigt Widerstand an

Özel erklärte, er werde sein Amt nicht aufgeben, selbst wenn das Gericht anders entscheide. Im Notfall könne die CHP „Millionen von Menschen“ auf die Straße rufen. Für den 21. September haben Delegierte bereits einen außerordentlichen Parteitag einberufen, um Özel im Amt zu bestätigen.

Teil eines breiteren Vorgehens gegen die Opposition

Die juristischen Schritte gegen die CHP sind Teil einer breiten Repressionswelle gegen die Opposition. Seit März wurden über 500 Personen mit Verbindungen zur CHP oder zur Stadtverwaltung Istanbul festgenommen, mindestens 15 Bürgermeister sitzen in Haft. In mehreren Städten ersetzte die Regierung gewählte Oppositionsvertreter durch staatliche Verwalter.

Die Entwicklungen haben auch wirtschaftliche Folgen: Nach den jüngsten Gerichtsurteilen gegen die CHP fielen die Märkte, die Lira verlor deutlich an Wert und die Zentralbank musste eingreifen. Beobachter sprechen von einem beispiellosen Druck auf Justiz, Medien, Zentralbank und andere Institutionen, die sich zunehmend Präsident Recep Tayyip Erdoğan unterordnen.

 

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