Organisationen mit Nähe zur Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan sichern sich weiterhin einen großen Teil der EU-Jugendförderungen. Das berichtete die oppositionelle Zeitung BirGün unter Berufung auf aktuelle Ergebnisse des Erasmus+-Programms.
In der jüngsten Förderrunde des Programms „Small-scale Partnerships in the Youth field (KA210-YOU)“ erhielten die Önder Alumni Association der Imam-Hatip-Schulen sowie die konservative İlim Yayma Gesellschaft jeweils 60.000 Euro. Beide Organisationen pflegen enge Verbindungen zur regierenden AKP und spielen seit Jahren eine zentrale Rolle im religiös-konservativen Bildungsnetzwerk.
Die Türkische Nationalagentur, die dem EU-Präsidium des Außenministeriums untersteht, veröffentlichte die Ergebnisse auf ihrer Website. Seit 2006 verwaltet die Behörde die EU-Bildungs-, Jugend- und Sportprogramme in der Türkei.
Kritik an unausgewogener Mittelvergabe
Eigentlich sollen die Erasmus+-Mittel kleineren oder unerfahreneren Organisationen helfen, internationale Partnerschaften aufzubauen. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass in der Praxis überwiegend regierungsnahe Stiftungen profitierten.
Ein Überblick über die Jahre 2021 bis 2024 zeigt, dass u. a. die regierungsnahen Stiftungen TÜGVA (Türkei Jugendstiftung), TÜRGEV, die World Ethnosport Confederation unter Leitung von Bilal Erdoğan, die Diyanet-Stiftung sowie das regierungsnahe Thinktank SETA erhebliche Summen erhielten. TÜGVA allein bekam 711.212 Euro für neun Projekte, TÜRGEV 420.237 Euro für fünf Projekte.
Politische Debatte
Das Außenministerium verteidigte die Vergabe im August 2024 und betonte, dass die Mittel im Einklang mit den Erasmus+-Regeln und unter Aufsicht der EU-Kommission vergeben würden. Man bestreite nicht, dass regierungsnahe Organisationen zu den Empfängern gehörten, verwies jedoch auf formale Kriterien.
Die Zuwendungen sorgen dennoch für Kontroversen. Kritiker sehen einen klaren Widerspruch darin, dass die Regierung unabhängige Medien und NGOs regelmäßig als „auslandsfinanziert“ angreift, während gleichzeitig EU-Gelder an regierungsnahe Organisationen in Millionenhöhe fließen.
                                    
                                        
        
        
                
No comments