Die Landeshauptstadt Kiel hat gewählt: In der Stichwahl am Sonntag setzte sich der Grünen-Politiker Samet Yilmaz gegen den parteilosen Kandidaten Gerrit Derkowski durch. Mit 54,1 Prozent der Stimmen errang Yilmaz einen klaren Sieg und wird im kommenden Frühjahr das Amt von Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) übernehmen. Derkowski kam auf 45,9 Prozent.
Ein Oberbürgermeister für alle Kielerinnen und Kieler
Bei der Wahlfeier in der „Pumpe“ zeigte sich Yilmaz dankbar für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. „Ich bin als Oberbürgermeister für alle Kielerinnen und Kieler gewählt worden“, erklärte er gegenüber NDR Schleswig-Holstein. Er kündigte an, die Landeshauptstadt moderner, klimafreundlicher und sozial gerechter entwickeln zu wollen.
Obwohl die SPD im Vorfeld keine Wahlempfehlung ausgesprochen hatte, versicherte Yilmaz, künftig eng mit allen demokratischen Kräften zusammenzuarbeiten: „Nun gilt es, das Gespräch zu suchen und gemeinsam Lösungen zu finden.“
Eine zentrale Aufgabe sieht er darin, die Bevölkerung beim Großprojekt Stadtbahn mitzunehmen. Trotz Kritik hält Yilmaz daran fest: „Ich bin weiterhin überzeugt, dass die Stadtbahn ein bedeutender Schritt in Richtung Zukunft ist.“
Ein Blick auf den neuen Amtsinhaber
Samet Yilmaz hat mit seinem Sieg Geschichte geschrieben: Er wird der erste grüne Oberbürgermeister Kiels.
Der 44-Jährige wurde in Kiel geboren und ist in der Stadt aufgewachsen. Als Sohn türkischer Einwanderer absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Chemielaboranten, bevor er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachholte. Anschließend nahm er ein Studium der Islamwissenschaft sowie der Politikwissenschaft auf und schloss dieses später mit einer Promotion ab.
Beruflich sammelte er breite Verwaltungserfahrung: 2009 begann er im Bremer Innenressort, wechselte 2011 zurück nach Kiel und arbeitete seither im schleswig-holsteinischen Innenministerium – zuletzt an der Spitze des Verfassungsschutzreferats. Seit 2023 führt er zudem gemeinsam mit einer Kollegin die Fraktion der Grünen im Kieler Rathaus.
Yilmaz lebt mit seiner Familie im Stadtteil Russee.
Derkowski gratuliert und kündigt politischen Abschied an
Gerrit Derkowski zeigte sich nach der Auszählung sportlich und gratulierte seinem Mitbewerber. Er sei angesichts seiner politischen Unerfahrenheit zufrieden mit dem Ergebnis. „Für einen politischen Neuling ist das ein mehr als achtbares Resultat“, sagte der frühere Fernsehmoderator. Zugleich machte er deutlich, dass seine Kandidatur ein einmaliges politisches Engagement gewesen sei: „Jetzt werde ich mir etwas Neues überlegen.“
FDP-Landeschef Christopher Vogt zeigte sich enttäuscht über das Ergebnis. Derkowski, der von CDU und FDP unterstützt wurde, habe „einen überzeugenden Wahlkampf geführt“ und Kiel wichtige Impulse geben können.
Herausfordernde Aufgaben für die kommende Amtszeit
Der amtierende Oberbürgermeister Ulf Kämpfer sieht auf seinen Nachfolger herausfordernde Jahre zukommen. Die angespannte Haushaltslage der Kommunen sei eine der größten Belastungen, erklärte er. Große Vorhaben wie der Wohnungs- und Schulbau sowie der Neubau des Holstein-Stadions würden Yilmaz in den kommenden Jahren stark fordern. „Langeweile wird er ganz sicher nicht haben“, bemerkte Kämpfer.
Die Amtsübergabe ist für April vorgesehen.
Wahlbeteiligung sinkt – Briefwahl wird beliebter
Von den rund 190.000 Wahlberechtigten beteiligten sich 43,5 Prozent an der Stichwahl – weniger als bei der Hauptwahl am 16. November (48,9 Prozent).
Insgesamt wurden 82.635 Stimmen abgegeben, davon waren 82.063 gültig. Während weniger Menschen die Sofortwahl nutzten, nahm die Zahl der Briefwähler deutlich zu: Mehr als 37.000 Kielerinnen und Kieler stimmten per Post ab.
Erster Wahlgang: Derkowski noch vorn
Im ersten Wahlgang am 16. November lag Derkowski mit 28,7 Prozent noch vor Yilmaz, der 24,8 Prozent erreichte. Da keiner der neun Bewerberinnen und Bewerber eine absolute Mehrheit erzielte, kam es zur Stichwahl – in der Yilmaz das Blatt klar wenden konnte.

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