Erdoğan: „Wir schlagen eine neue Seite auf; künftig werden AKP, MHP und DEM gemeinsam gehen“

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In einer mit Spannung erwarteten Rede beim traditionellen Kızılcahamam-Camp der AKP erklärte Präsident Recep Tayyip Erdoğan, dass die jahrzehntelangen Auseinandersetzungen mit der PKK zu einem Ende gekommen seien und dass eine neue politische Ära beginne. Erdoğan kündigte an, dass AKP, MHP und DEM Partei künftig „gemeinsam diesen Weg beschreiten“ würden.

„Gestern, mit dem 11. Juli 2025, ist hoffentlich der Beginn des Endes eines 47 Jahre andauernden Terrorproblems eingeläutet worden“, sagte Erdoğan. „Heute ist ein neuer Tag. Heute wird eine neue Seite in der Geschichte aufgeschlagen. Die Türen zur Großen Türkei, zur Starken Türkei und zum Jahrhundert der Türkei stehen weit offen.“

Ein historisches Bündnis

Erdoğan betonte die neue politische Kooperation zwischen seiner AKP, der ultranationalistischen MHP und der pro-kurdischen DEM Partei. „Wir haben beschlossen, diesen Weg mindestens zu dritt gemeinsam zu gehen. Es geht uns darum, die Probleme des Landes gemeinsam zu überwinden — wir wollen reden, uns begegnen, aufeinander zugehen“, so der Präsident.

Waffenstillstand und Neuanfang

Besondere Aufmerksamkeit erhielt Erdoğans Aussage zur Auflösung der PKK: Nach eigenen Angaben habe die Organisation auf den Aufruf von Abdullah Öcalan, dem inhaftierten PKK-Führer, hin ihren Kongress abgehalten und ihre Selbstauflösung erklärt. Am Freitag habe sie „mit einer Zeremonie die Waffen niedergelegt“. Erdoğan kündigte an, die Prozesse zur Entwaffnung aufmerksam begleiten zu wollen und versprach einen sensiblen Umgang mit den Erwartungen der Bevölkerung: „Es wird nicht leicht sein, den Schmerz zu überwinden. Aber künftig werden keine Mütter mehr weinen, weil ihre Kinder ihr Leben lassen.“

Selbstkritik und Abrechnung mit der Vergangenheit

In seiner Rede räumte Erdoğan ein, dass frühere staatliche Strategien gegen den Terrorismus vielfach kontraproduktiv gewesen seien. „Verbrannte Dörfer, über Nacht zur Flucht gezwungene Menschen, Mütter, die in den Gefängnissen nicht mit ihren Kindern in ihrer Muttersprache sprechen durften — das alles waren falsche Praktiken, die den Terror eher gefördert haben.“

Erdoğan wies darauf hin, dass die Türkei seit dem Regierungsantritt der AKP 2002 einen neuen Ansatz verfolgt habe, der sowohl auf militärische Maßnahmen als auch auf Reformen in Demokratie und Menschenrechten setzte. Er hob zudem hervor, dass nach dem Putschversuch von 2016 die „Säuberung“ der Institutionen von FETÖ-Mitgliedern die Effizienz im Anti-Terror-Kampf gesteigert habe.

„Kein Ergebnis von Verhandlungen“

Erdoğan betonte, dass das neue Projekt einer „terrorfreien Türkei“ kein Ergebnis von Verhandlungen oder Zugeständnissen sei. „Wir handeln ausschließlich im Interesse unseres Landes, unserer Nation, unserer Unabhängigkeit und Zukunft“, erklärte er.

Appell gegen Misstrauen

Mit Blick auf Kritik und Skepsis im In- und Ausland sagte Erdoğan: „Niemand soll Angst haben oder beunruhigt sein. Wir wissen genau, was wir tun, und wir werden unter keinen Umständen die Ehre und den Stolz der Republik Türkei verletzen.“

Abrechnung mit Kritikern

Erdoğan übte scharfe Kritik an Kreisen, die angeblich von der Existenz des Konflikts profitiert hätten: „Diejenigen, die sich als Patrioten und Nationalisten ausgeben, können sich über das Ende des Terrors nicht freuen — weil sie ihre Geschäftsgrundlage verlieren. Aber egal, was sie tun: Der Terrorismus wird enden und mit ihm auch seine Instrumentalisierung.“

Botschaft der Einheit

Erdoğan schloss seine Rede mit einem Appell an nationale Einheit: „Ob Türken, Kurden oder Araber: 86 Millionen Menschen in unserem Land haben gemeinsam gewonnen. Wir stehen alle zusammen für den Schutz unserer Einheit, Integrität, des Vaterlandes und unseres Friedens.“

Hintergrund: Ein historischer Tag

Die Rede Erdoğans folgt auf Gerüchte, dass die PKK als Organisation endgültig aufgelöst worden sei — ein Schritt, der in den letzten Jahrzehnten wiederholt angekündigt, aber nie umgesetzt wurde. Beobachter werten die jüngste Entwicklung als historischen Einschnitt, der allerdings politisch umstritten bleiben dürfte.

 

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