Türkische Behörden nehmen 91 weitere Personen wegen angeblicher Gülen-Verbindungen fest

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Die türkischen Sicherheitsbehörden haben im Rahmen der anhaltenden Verfolgung der Gülen-Bewegung 91 Personen festgenommen, von denen 64 inzwischen in Untersuchungshaft genommen wurden. Das teilte Innenminister Ali Yerlikaya am Freitag auf der Plattform X (ehemals Twitter) mit, wie das Stockholm Center for Freedom unter Berufung auf türkische Medien berichtete.

Laut Yerlikaya wurden die Verdächtigen bei gleichzeitigen Polizeieinsätzen in 30 Provinzen des Landes festgenommen, darunter İstanbul, İzmir, Trabzon und Bursa.

Vorwürfe: Kontakte, Finanzierung, Propaganda

Den Festgenommenen wird vorgeworfen, Kontakte zu Mitgliedern der Gülen-Bewegung über öffentliche Telefonzellen unterhalten, die Bewegung finanziell unterstützt und Propaganda in sozialen Medien verbreitet zu haben.

Hintergrund: Langjährige Kampagne gegen die Gülen-Bewegung

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan geht seit Jahren mit Härte gegen die Gülen-Bewegung vor, die auf den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen zurückgeht.

Der Konflikt begann, nachdem im Dezember 2013 Korruptionsermittlungen gegen Erdoğan, Familienmitglieder und enge Vertraute eingeleitet worden waren. Erdoğan wies die Vorwürfe als „Putschversuch der Gülenisten“ und „Verschwörung gegen seine Regierung“ zurück und begann, Anhänger der Bewegung gezielt zu verfolgen.

Im Mai 2016 stufte die Regierung die Gülen-Bewegung offiziell als „terroristische Organisation“ ein. Nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016, den Erdoğan Gülen und seinen Anhängern zur Last legte, wurde die Repression massiv ausgeweitet.

„Telefonzellen-Ermittlungen“ als Grundlage

Ein zentraler Bestandteil dieser Ermittlungen sind die sogenannten „Telefonzellen-Verfahren“. Dabei stützen sich Staatsanwälte auf Anruflisten öffentlicher Telefone.

Die Ermittler gehen davon aus, dass ein mutmaßliches Mitglied der Gülen-Bewegung nacheinander mehrere Kontakte von derselben Telefonzelle angerufen habe. Auf dieser Grundlage wird angenommen, dass alle Personen, deren Nummern unmittelbar vor oder nach dem Anruf gewählt wurden, ebenfalls der Bewegung angehören.

Der Inhalt der Telefonate liegt den Behörden dabei nicht vor – die vermutete Schuld basiert ausschließlich auf der Reihenfolge der Anrufe.

Hunderttausende betroffen

Laut Angaben des Justizministers Yılmaz Tunç vom Juli 2024 wurden seit dem Putschversuch 705.172 Personen wegen angeblicher Verbindungen zur Gülen-Bewegung oder wegen Terrorismus- bzw. Putschvorwürfen strafrechtlich untersucht.

Zum damaligen Zeitpunkt befanden sich 13.251 Personen in Untersuchungshaft oder verbüßten Haftstrafen im Zusammenhang mit diesen Verfahren.

Beobachter gehen davon aus, dass sich diese Zahlen in den vergangenen zehn Monaten weiter erhöht haben, da die Operationen gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger unvermindert andauern.

Präsident Erdoğan und mehrere Regierungsmitglieder erklärten wiederholt, dass der Kampf gegen die Bewegung auch nach dem Tod Fethullah Gülens im vergangenen Jahr im Alter von 83 Jahren kompromisslos fortgesetzt werde.

 

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