Die türkische Medienaufsichtsbehörde RTÜK (Oberster Rundfunk- und Fernsehrat) hat erneut harte Sanktionen gegen oppositionelle Fernsehsender verhängt und damit die Sorge um die Pressefreiheit im Land weiter verstärkt. Die Maßnahmen erfolgen im Zuge einer umfassenderen Repressionswelle, die nach der Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu neue Dynamik gewonnen hat.
Wie RTÜK am Mittwoch mitteilte, wurde gegen den regierungsnah-kritischen Sender Halk TV ein zehntägiges Sendeverbot sowie eine Geldstrafe in Höhe von drei Prozent des Vormonatsumsatzes verhängt. Begründet wurde die Entscheidung mit angeblicher „Aufstachelung zu Hass und Feindseligkeit“.
Auch die Sender Tele 1 und SZC TV wurden sanktioniert – beide erhielten ebenfalls Sendeverbote. RTÜK-Ratsmitglied Tuncay Keser, der gegen die Strafmaßnahmen gestimmt hatte, kritisierte die Entscheidungen scharf. Auf der Plattform X schrieb er: „Halk TV wird für 10 Tage zum Schweigen gebracht. Der Vorwurf: Aufwiegelung. Mit dieser Entscheidung wird nicht nur Halk TV, sondern auch SZC TV die Sendelizenz faktisch entzogen.“
Keser bezeichnete die Maßnahmen als „Schlag gegen die Pressefreiheit“ und warnte vor der schrittweisen Einführung eines „gleichgeschalteten Mediensystems“ unter dem Deckmantel nationaler Werte. Kritiker werfen RTÜK vor, gezielt jene Medien ins Visier zu nehmen, die über die anhaltenden Proteste nach İmamoğlus Verhaftung und oppositionelle Stimmen berichten.
Cafer Mahiroğlu, Vorstandsvorsitzender von Halk TV, verurteilte die Entscheidung scharf und warf der Regierung vor, RTÜK als „politisches Zensurinstrument“ einzusetzen. „RTÜK hat beschlossen: ‚Ich lasse Halk TV nicht senden‘“, sagte Mahiroğlu in einer Stellungnahme. „Man will eine gleichförmige Medienlandschaft – eine Stimme, eine Autorität. Dass die Türkei zumindest auf dem Papier noch ein Rechtsstaat ist, wird ignoriert.“
Mahiroğlu kritisierte zudem, dass Halk TV seit über drei Monaten auf eine Antwort zu seinem Antrag auf routinemäßige Lizenzverlängerung warte, obwohl dieser bereits im März eingereicht und bezahlt worden sei. Er vermutet politische Motive hinter der Verzögerung. „Wird nach einem Vorwand gesucht, um uns die Lizenz zu entziehen?“ fragte er. „Nichts bleibt ewig im Dunkeln.“
Rechtsgrundlage für die jüngsten Sanktionen ist Artikel 8 Absatz 1(b) des türkischen Rundfunkgesetzes, der zur Verhinderung von Hassrede aufgrund von sozialer Herkunft, Ethnie, Religion, Konfession oder regionalen Unterschieden dienen soll. Bei einem weiteren Verstoß droht RTÜK mit vollständigem Lizenzentzug.
Tuncay Keser bezeichnete das Vorgehen als willkürlich und warnte vor weitreichenden Folgen: „Es geht nicht nur um schwarze Bildschirme. Es geht um die Demokratie selbst, das Recht der Öffentlichkeit auf Information und das Prinzip der Medienvielfalt.“
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