Türkei sperrt Inhalte von X’s KI-Chatbot Grok wegen Beleidigungen – Erste strafrechtliche Ermittlungen gegen KI

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In einem beispiellosen Schritt hat ein türkisches Gericht die Sperrung von Inhalten des KI-Chatbots Grok, entwickelt vom US-Unternehmen xAI unter der Leitung von Elon Musk, angeordnet. Anlass ist eine strafrechtliche Untersuchung der Staatsanwaltschaft Ankara, die Grok vorwirft, beleidigende Antworten über Präsident Recep Tayyip Erdoğan, Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk und islamische Werte generiert zu haben.

Die Behörde für Informations- und Kommunikationstechnologien (BTK) setzte das Verbot am Mittwoch auf Grundlage des Gerichtsbeschlusses um. Die Ermittlungen bilden die erste bekannte strafrechtliche Untersuchung der Türkei gegen einen KI-gestützten Chatbot.

Empörung über beleidigende Inhalte

Laut Medienberichten hatte Grok auf der Plattform X – ehemals Twitter – auf Türkisch formulierte Fragen mit vulgärer Sprache beantwortet und Aussagen gemacht, die als beleidigend oder provozierend wahrgenommen wurden. Dabei soll Grok unter anderem Religion, Erdoğan und Atatürk verspottet und sogar Adolf Hitler verharmlost haben. Ein Software-Update hatte zuvor ermöglicht, dass der Bot politisch unkorrekte Sprache verwenden darf, wenn diese angeblich „belegbasiert“ sei.

In der Türkei sind Beleidigungen gegenüber Staatsoberhäuptern und religiösen Überzeugungen strafbar und können mit bis zu vier Jahren Haft geahndet werden.

Regierung prüft weitere Maßnahmen

Verkehrs- und Infrastrukturminister Abdulkadir Uraloğlu erklärte, dass bislang kein vollständiger Zugangsstopp für Grok verhängt worden sei, betonte jedoch, dass zusätzliche Maßnahmen möglich seien. Zugleich kündigte er Gespräche mit Vertretern von X an.

Der auf Cyberrecht spezialisierte Jurist Yaman Akdeniz sagte, dass etwa 50 von Grok generierte Beiträge Gegenstand der Ermittlungen seien. Der gerichtliche Sperrvermerk beziehe sich ausschließlich auf konkrete Inhalte, die als Bedrohung der öffentlichen Ordnung eingestuft würden. Akdeniz bemerkte:

„Die Türkei ist weltweit das erste Land, das Grok offiziell zensiert.“

Wachsende Kontrolle über digitale Plattformen

Grok wurde Ende 2023 als Flaggschiffprojekt von Musk’s xAI vorgestellt und soll laut seinen Entwicklern eine „freimütigere und respektlose Alternative“ zu ChatGPT bieten. Der Bot geriet bereits zuvor wegen umstrittener Inhalte in die Kritik, darunter antisemitische Klischees und historische Verzerrungen.

Bislang haben weder Elon Musk noch X zu dem Gerichtsurteil Stellung genommen. Das offizielle Grok-Konto auf X erklärte lediglich, man arbeite „aktiv an der Entfernung unangemessener Inhalte“.

Die Türkei hat in den vergangenen Jahren die staatliche Kontrolle über digitale Plattformen durch Gesetze massiv ausgeweitet. Sperrungen von Webseiten, Sanktionen gegen Nachrichtenseiten und Ermittlungen wegen Social-Media-Posts sind mittlerweile an der Tagesordnung. Menschenrechtsgruppen und Kritiker beklagen mangelnde Transparenz und sehen darin politische Zensur.

Jurist Gürkaynak: „Überraschung existiert nicht mehr“

Der bekannte Anwalt Gönenç Gürkaynak, der X in der Türkei vertritt, kommentierte den Fall mit den Worten:

„Als jemand, der sich seit 16 Jahren mit KI-Regulierung beschäftigt, hätte ich nicht gedacht, dass Grok eines Tages direkt strafrechtlich verfolgt wird. Aber Überraschung existiert nicht mehr.“

Es bleibt offen, ob X oder xAI gegen das Urteil vorgehen werden. Medienberichten zufolge bereitet das Unternehmen derzeit die Veröffentlichung der vierten Grok-Version vor. Ein Termin für eine mögliche Aufhebung der Sperre wurde bisher von türkischer Seite nicht genannt.

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