Ein türkisches Gericht hat den Social-Media-Influencer Bekir Aslan wegen angeblicher „Propaganda für eine terroristische Organisation“ zu einer Haftstrafe verurteilt, wie das Stockholm Center for Freedom berichtet.
Das 13. Schwurgericht in Istanbul verurteilte Aslan, der online unter dem Namen „Basel“ bekannt ist, zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis für drei Beiträge auf der Plattform X (ehemals Twitter). Zwar hob das Gericht die gerichtliche Aufsichtspflicht auf, nach der Aslan sich regelmäßig bei der Polizei melden musste, doch bleibt sein Ausreiseverbot bestehen.
Nach türkischem Recht werden Freiheitsstrafen unter zwei Jahren in der Regel zur Bewährung ausgesetzt, sofern der Verurteilte innerhalb von fünf Jahren keine ähnliche Straftat begeht.
Drei Beiträge als Grundlage der Anklage
Einer der Posts zeigte ein Banner mit der Aufschrift „DEV-GENZ“, ein Wortspiel aus DEV-GENÇ („Devrimci Gençlik“, Revolutionäre Jugend) und Generation Z. Die Staatsanwaltschaft wertete dies als Hinweis auf eine Verbindung zur verbotenen linksextremen Organisation Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C), da es dem Namen ihrer Jugendorganisation ähnele.
Ein weiterer Beitrag bezog sich auf Grup Yorum, eine bekannte Protest- und Volksmusikgruppe, deren regierungskritische Texte seit Jahren in der Türkei verboten sind. Ihre Konzerte wurden 2016 untersagt, ihre YouTube-Videos blockiert.
Im dritten Tweet schrieb Aslan: „Wir führen den Krieg des Volkes.“
Aslan war am 11. April festgenommen und 77 Tage in Untersuchungshaft gehalten worden, bevor er am 26. Juni bei seiner ersten Anhörung freigelassen wurde.
Zusammenhang mit den Protesten nach İmamoğlus Festnahme
Die Beiträge stammten aus der Zeit der landesweiten Proteste, die nach der Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu ausbrachen. Der prominente Politiker der größten Oppositionspartei CHP und Präsidentschaftskandidat für die Wahl 2028 war am 19. März wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen und wenige Tage später inhaftiert worden – ein Schritt, der weithin als politisch motiviert galt.
Seine Verhaftung löste die größten Demonstrationen in der Türkei seit Jahrzehnten aus. Landesweit wurden dabei rund 2.000 Personen festgenommen – darunter Schüler, Studierende, Anwälte, Journalistinnen, Gewerkschaftsvertreter und Menschenrechtsaktivisten.
Weitere Anklage wegen Präsidentenbeleidigung
Gegen Aslan läuft zudem ein weiteres Verfahren wegen „Beleidigung des Präsidenten“. Er soll am 7. Juli auf X einen entsprechenden Beitrag veröffentlicht haben. Aslan wurde am 9. Juli festgenommen und nach drei Monaten Untersuchungshaft unter Auflagen freigelassen. In diesem Verfahren fordert die Staatsanwaltschaft eine Strafe von vier Jahren und acht Monaten Haft.
Kritik von Menschenrechtsorganisationen
Menschenrechtsgruppen und Beobachter kritisierten das Urteil scharf und sehen darin ein weiteres Beispiel für das einschüchternde Klima gegenüber freier Meinungsäußerung und politischem Aktivismus in den sozialen Medien in der Türkei.

No comments