Ein türkisches Gericht hat am Montag die Freilassung von Enes Hocaoğulları bis zum Prozessbeginn angeordnet. Der 23 Jahre alte LGBTQ+-Aktivist ist Jugenddelegierter der Türkei beim Europarat. Menschenrechtsorganisationen und europäische Institutionen hatten die Anklage als Angriff auf die Meinungsfreiheit verurteilt, berichtet Reuters.
Hocaoğulları war am 4. August am Flughafen Esenboğa in Ankara festgenommen und anschließend wegen „Aufstachelung zu Hass und Feindschaft“ sowie der „Verbreitung falscher Informationen zur Irreführung der Öffentlichkeit“ in Untersuchungshaft genommen worden. Im März hatte er vor dem Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates die Absetzung oppositioneller Bürgermeister und Polizeigewalt gegen Jugendliche in der Türkei kritisiert.
In Ankara erschien Hocaoğulları in Handschellen und unter Begleitung von Gendarmen vor Gericht. Die Vorwürfe wies er zurück. „Ich habe von meinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Ich bin unschuldig. In dieser Verhandlung beantrage ich meine Freilassung und am Ende des Prozesses meinen Freispruch“, sagte er. Seine Straßburger Äußerungen seien verfälscht wiedergegeben worden.
Der Verhandlung wohnten Diplomaten europäischer Botschaften, Abgeordnete der Opposition sowie Vertreter der Zivilgesellschaft bei.
Eine Delegation des Europaratskongresses hatte vergangene Woche Ankara besucht und Hocaoğulları im Gefängnis von Sincan getroffen. In einer Erklärung hieß es, es gebe keinerlei Rechtfertigung für seine Strafverfolgung oder Untersuchungshaft. „Enes zum Schweigen zu bringen, heißt, die Jugend zum Schweigen zu bringen – und die Jugend zum Schweigen zu bringen, heißt, die Demokratie selbst zum Schweigen zu bringen“, hieß es.
Auch Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen bezeichneten den Fall als willkürlich und forderten seine sofortige Freilassung.
Das Gericht setzte Hocaoğulları unter Auflagen, darunter einem Ausreiseverbot, auf freien Fuß. Der Prozess wird am 23. Februar 2026 fortgesetzt.

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