Der ehemalige Boston-Celtics-Center Enes Kanter Freedom hat seine Memoiren veröffentlicht, in denen er seine Verfolgung durch die türkische Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan sowie seinen Einsatz für unterdrückte Gruppen beschreibt.
Das Buch mit dem Titel „In the Name of Freedom: A Political Dissident’s Fight for Human Rights in the NBA and Around the World“ (Im Namen der Freiheit: Der Kampf eines politischen Dissidenten für Menschenrechte in der NBA und weltweit) erschien am Dienstag im Verlag Threshold Editions, einem Imprint von Simon & Schuster. Es ist als gebundene Ausgabe, E-Book und Hörbuch über den Verlag, Amazon und Barnes & Noble erhältlich.
Freedom, der 2021 die US-Staatsbürgerschaft erhielt und „Freedom“ zu seinem offiziellen Nachnamen machte, schildert die persönlichen und beruflichen Kosten, die er für seine Kritik an Menschenrechtsverletzungen in der Türkei und in China zahlen musste.
Warum die Türkei Enes Kanter Freedom ins Visier nahm
Nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 leitete die türkische Regierung eine umfassende Säuberungswelle gegen regierungskritische Bürger ein, insbesondere gegen Anhänger der Gülen-Bewegung, die sie für den Umsturzversuch verantwortlich machte.
Die türkische Regierung bezeichnet die von dem im Exil lebenden Prediger Fethullah Gülen inspirierte Bewegung als terroristische Organisation, obwohl keine westliche Regierung diese Einstufung übernommen hat. Bis zu seinem Tod im Jahr 2024 lebte Gülen in den USA, die seine Auslieferung verweigerten, da es keine belastbaren Beweise für eine Straftat gebe.
Die Behörden werfen Freedom vor, selbst Mitglied der Gülen-Bewegung und damit „Mitglied einer Terrororganisation“ zu sein.
Im Mai 2017 annullierte die Türkei seinen Pass, wodurch er während einer Reise in Rumänien zeitweise festsaß. Nach kurzer Festnahme durfte er weiterreisen – der Vorfall wurde laut NBA auch mit dem US-Außenministerium besprochen.
Ankara soll seither über eine Auslieferung nachgedacht haben; staatliche Medien diffamieren ihn regelmäßig als „Staatsfeind“. Freedom berichtet zudem, dass seine Familie in der Türkei Ziel von Repressalien wurde – sein Vater Mehmet Kanter wurde angeklagt, jedoch 2020 freigesprochen.
Menschenrechtsorganisationen und UN-Sonderberichterstatter warnen seit Jahren, dass Ankara vage formulierte Anti-Terror-Gesetze missbraucht, um Kritiker mundtot zu machen. Kanters Fall gilt als exemplarisch für die Repressionen nach dem Putschversuch: Tausende Pässe wurden annulliert, und Angehörige von Exilanten wurden strafrechtlich verfolgt.
Aktivismus und Bruch mit der NBA
In seinen Memoiren beschreibt Freedom auch seinen Aktivismus gegen die Unterdrückung der Uiguren, Tibeter und Hongkonger durch China.
Nachdem er 2021 bei NBA-Spielen „Free Tibet“-Schuhe trug und entsprechende Botschaften verbreitete, wurden Spiele der Boston Celtics von chinesischen Streaming-Plattformen gestrichen.
Freedom beschuldigte internationale Marken, von Zwangsarbeit in Xinjiang zu profitieren, und forderte andere Athleten auf, sich öffentlich zu positionieren.
Die NBA erklärte, Spieler dürften ihre Meinung frei äußern – doch Experten verweisen auf die wirtschaftlichen Interessen der Liga in China, die kritische Stimmen dämpften.
Freedom ist überzeugt, dass sein Engagement seine NBA-Karriere kostete:
Er wurde im Februar 2022 getradet und entlassen und seither von keinem Team mehr verpflichtet. Die Liga bestreitet politische Motive.
Das 224 Seiten umfassende Buch ist laut Simon & Schuster Freedoms erstes Werk. Es zeichnet seinen Weg vom türkischen Jugendspieler zum amerikanischen Aktivisten nach und beschreibt, wie politische Konflikte sein Leben und seine Karriere prägten.
Symbol eines größeren Problems
Freedoms Geschichte steht exemplarisch für die anhaltende Repressionswelle in der Türkei nach dem Putschversuch von 2016, von der Millionen betroffen sind.
Nach offiziellen Angaben haben türkische Staatsanwälte seither mehr als zwei Millionen Terrorismusverfahren eingeleitet.
Auf der „Terrorfahndungsliste“ des Innenministeriums stehen zahlreiche prominente Exilanten – darunter der ehemalige Fußballstar Hakan Şükür und der Journalist Can Dündar – deren Vermögen in der Türkei beschlagnahmt wurde.
UN-Berichterstatter kritisieren regelmäßig die weitgefasste Anwendung des Terrorismusparagrafen in der Türkei, die das Verständnis von Terrorismus verwässert und friedliche Dissidenten kriminalisiert.
Freedom lebt seit über einem Jahrzehnt in den USA und nutzt seine Plattform weiterhin, um die autoritäre Entwicklung der Türkei, die Repression in Tibet und Xinjiang und andere Menschenrechtsverletzungen weltweit anzuprangern.

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