Das in New York ansässige International Bar Association’s Human Rights Institute (IBAHRI) äußerte seine Besorgnis über ein aktuelles Strafverfahren gegen die Anwaltskammer Istanbul. Grund hierfür ist die Reaktion der Kammer auf die Tötung zweier kurdischer Journalisten in Syrien im vergangenen Monat. Turkish Minute berichtete, dass das Institut die türkischen Behörden aufforderter, die Anwaltskammer nicht weiter ins Visier zu nehmen.
Zu Anfang des Monats reichten türkische Staatsanwälte klagten die Anwaltskammer und deren Vorsitzenden, İbrahim Kabaoğlu, an. Der Vorwurf lautet auf ,,Verbreitung von Terrorpropaganda“ sowie ,,öffentliche Verbreitung von irreführenden Informationen“. Auslöser war die Forderung der Kammer nach einer Untersuchung des Todes der beiden kurdischen Journalisten durch einen Drohnenangriff in Syrien.
Die Anwaltskammer Istanbul forderte eine Untersuchung des Todes von Nazım Daştan (32) und Cihan Bilgin (29). Die beiden Journalisten waren am 19. Dezember in der Nähe des Tishrin-Staudamms, östlich von Aleppo, verstorben, während sie über die Kämpfe zwischen von der Regierung in Ankara unterstützten Kräften und von den USA unterstützten kurdischen Kämpfern berichteten.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurde die Todesursache auf einen türkischen Drohnenangriff zurückgeführt. Die Türkei führt in der Region Angriffe gegen kurdische militante Gruppen, die sie des Terrorismus bezichtigt.
Die Anwaltskammer betonte in ihrer Erklärung, dass die gezielte Tötung von Journalisten in Konfliktgebieten gegen das internationale humanitäre Recht verstoße und forderte eine Untersuchung des Vorfalls.
Laut IBAHRI stellt das Strafverfahren einen direkten Angriff auf die Unabhängigkeit und Arbeitsweise der Anwaltskammer Istanbul dar. Die Organisation wies darauf hin, dass die Kammer eine zentrale Rolle beim Schutz der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei spiele.
Zusätzlich verschärfte die jüngste Festnahme des Rechtsanwalts Fırat Epözdemir, eines Vorstandsmitglieds der Anwaltskammer Istanbul, die Besorgnis der juristischen Gemeinschaft. Epözdemir wurde am 25. Januar nach seiner Rückkehr von einem Besuch bei Institutionen des Europarats unter dem Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation“ und der ,,Verbreitung von Terrorpropaganda“ festgenommen. Die Festnahme wurde in juristischen Kreisen in der Türkei scharf kritisiert, da es an glaubwürdigen Beweisen fehle. Sie wird als mögliche Vergeltungsmaßnahme gegen die Anwaltskammer Istanbul gewertet.
IBAHRI forderte die türkischen Behörden auf, sämtliche Ermittlungen und Gerichtsverfahren gegen die Führung der Anwaltskammer umgehend einzustellen. Zudem verlangte das Institut die unverzügliche und bedingungslose Freilassung Epözdemirs.
Des Weiteren wurde seitens der Organisation die Türkei dazu aufgefordert, ihre internationalen Verpflichtungen einzuhalten, um sowohl die Unabhängigkeit der Anwaltschaft als auch das Recht auf freie Meinungsäußerung zu gewährleisten. Die Anwaltskammer Istanbul müsse in der Lage sein, ihre beruflichen Aufgaben ohne staatliche Einflussnahme oder Einschüchterung zu erfüllen.
Die erhobene Anklage wurde seitens der Anwaltskammer Istanbul als „rechtlich unbegründet“ zurückgewiesen. Es wurde betont, dass der Vorstand der Anwaltskammer seine Aufgaben und Verpflichtungen im Einklang mit der Verfassung, der Demokratie und dem Recht erfülle.
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