Rund zwei Wochen vor der Bundestagswahl lösen die Äußerungen von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) zur FDP weiterhin Diskussionen aus. Merz erneuerte am Freitag seinen Appell an potenzielle FDP-Wähler, ihre Zweitstimme am 23. Februar der Union zu geben. FDP-Chef Christian Lindner warf ihm daraufhin Opportunismus vor. Eine aktuelle Umfrage deutet indes auf leichte Zugewinne der Union hin, während die FDP weiterhin schwächelt, berichtet die AFP.
Merz bekräftigte am Freitagmorgen seine bereits am Vortag getätigte Aussage, wonach Zweitstimmen für die FDP angesichts ihrer derzeitigen Umfragewerte faktisch verloren seien. „Das sind Stimmen, die wir brauchen könnten“, erklärte er. Im WDR-Radio unterstrich er seine Haltung gegenüber den Liberalen und betonte: „Die FDP muss aus eigener Kraft in den Bundestag zurückkehren. Wir können auf sie keine Rücksicht nehmen.“
Die FDP liegt aktuell in Umfragen bei etwa vier Prozent und würde damit den Wiedereinzug in den Bundestag verpassen. Merz verdeutlichte: „Das sind vier Prozent verlorene Stimmen für die FDP und vier Prozent für uns, die wir gut gebrauchen könnten.“ Zugleich betonte er, dass er im Falle eines Einzugs der FDP in das Parlament eine Koalition mit den Liberalen nicht ausschließen wolle.
Rückendeckung erhielt Merz aus der CSU. CSU-Präsidiumsmitglied Volker Ullrich äußerte gegenüber den Funke-Zeitungen: „Eine Stimme für die FDP ist verschenkt.“ Hintergrund dieser Debatte ist die Reform des Wahlrechts, das erstmals bei dieser Bundestagswahl zur Anwendung kommt. Die Bedeutung der Zweitstimme ist dadurch gestiegen. Ullrich warnte: „Bleibt die FDP unter fünf Prozent, verfallen ihre Stimmen. Sollte sie knapp in den Bundestag einziehen, könnte dies dazu führen, dass Direktmandate der Union entfallen.“
FDP-Chef Lindner reagierte am Freitag mit deutlicher Kritik an den Äußerungen aus der Union. „Merz will nur ins Kanzleramt“, erklärte er im ZDF. Er unterstellte dem CDU-Vorsitzenden, auf eine Koalition mit den Grünen zu setzen. Das Verhalten von Merz lasse Zweifel daran aufkommen, ob es ihm tatsächlich um einen politischen Richtungswechsel gehe.
Merz bekräftigte am Freitag seine Absicht, nach der Wahl zügig eine neue Regierung zu bilden. Die voraussichtlich notwendigen Koalitionsgespräche würden jedoch „nicht ganz einfach“, räumte er im WDR ein. Dennoch halte er es für möglich, bis Ostern eine Regierung zu bilden und den Kanzler im Bundestag wählen zu lassen. „Das ist ehrgeizig, aber machbar“, so Merz.
Eine aktuelle Umfrage könnte seine Ambitionen zusätzlich stützen. Laut dem ZDF-„Politbarometer“ legte die Union nach der Debatte um die Migrationspolitik in der Vorwoche um einen Punkt zu. Damit stehen CDU und CSU nun bei 30 Prozent – so stark wie SPD und Grüne zusammen. Die SPD verharrt unverändert bei 15 Prozent, ebenso die Grünen. Die AfD bleibt mit 20 Prozent auf Platz zwei, verliert aber einen Punkt. Die Linke liegt bei sechs Prozent, während FDP und BSW mit jeweils vier Prozent weiterhin unter der Fünf-Prozent-Hürde verharren.
Auch in den persönlichen Umfragewerten scheint die Auseinandersetzung über die Migrationspolitik Merz nicht geschadet zu haben. Bei der Kanzlerpräferenz legte er um zwei Punkte zu und erreicht nun 30 Prozent – ein deutlicher Vorsprung vor Amtsinhaber Olaf Scholz (SPD), Grünen-Kandidat Robert Habeck und AfD-Kandidatin Alice Weidel.
Ein entscheidender Moment im Wahlkampf steht am Sonntagabend bevor: Scholz und Merz treten in ihrem ersten TV-Duell auf ARD und ZDF gegeneinander an. Die FDP setzt derweil auf ihren Parteitag in Potsdam, um für die verbleibenden Wahlkampfwochen neue Impulse zu gewinnen.
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