Hitzige Debatten im “Quadrell”

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Ebru Kaymak

Eine Woche vor der Bundestagswahl stellten sich die vier Kanzlerkandidat:innen am Sonntag  erstmals gemeinsam einer TV-Debatte. Im sogenannten „Quadrell“ diskutierten Olaf Scholz (SPD), Friedrich Merz (CDU/CSU), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und Alice Weidel (AfD) über zentrale politische Herausforderungen. Die Moderatoren Pinar Atalay und Günther Jauch führten mit präzisen Fragen durch die Sendung und arbeiteten die Positionen der Kandidat:innen zu Migration, Rente, dem Ukraine-Krieg und weiteren aktuellen Themen heraus.

Migration als zentraler Streitpunkt

Besonders kontrovers verlief die Debatte zum Thema Migration. Bundeskanzler Scholz verwies auf bereits ergriffene Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Einwanderung und betonte, dass seine Regierung konsequent an der Umsetzung arbeite. Gleichzeitig versprach er weitere Schritte zum Schutz der Bevölkerung. Merz hingegen kritisierte die bisherige Migrationspolitik als unzureichend und forderte Verhandlungen mit den Taliban, um Rückführungen nach Afghanistan zu ermöglichen. Habeck wies diese Forderung als unrealistisch zurück und warf Merz vor, das Problem auf vereinfachende Weise darzustellen. Weidel plädierte für eine strikte Abschiebepolitik insbesondere für straffällig gewordene Migrant:innen.

Klare Abgrenzung zur AfD

Ein weiteres prägendes Thema war die Haltung der Parteien zur AfD. Friedrich Merz machte unmissverständlich klar, dass eine Zusammenarbeit ausgeschlossen sei:

„Wir werden mit dieser Partei (AfD) nicht zusammenarbeiten. Selbst wenn es in der einen oder anderen Stelle inhaltliche Übereinstimmung geben sollte. Es gibt auf der anderen Seite so viele Dinge, die uns so fundamental trennen.“

Auch Scholz positionierte sich deutlich gegen jegliche Zusammenarbeit mit der AfD und kritisierte die CDU scharf für einen gemeinsam mit der AfD eingebrachten Entschließungsantrag, der in den letzten Wochen zu Massenprotesten in ganz Deutschland führte.

Historische Relativierung und mediale Schlagfertigkeit

Für Aufsehen sorgte eine Frage von Günther Jauch an Alice Weidel zu einer umstrittenen Äußerung des AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland, der die zwölf Jahre NS-Herrschaft als „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte bezeichnet hatte. Ob sie diese Relativierung bedauere, wollte der Moderator wissen. Weidel wich aus: „Laden Sie Alexander Gauland doch einfach in Ihre nächste Sendung ein und fragen Sie ihn selbst.“

Ein Moment der Einigkeit

Trotz aller Differenzen gab es einen kurzen Moment der Übereinstimmung: Auf die humorvolle Frage, ob sie lieber in der Opposition oder im Dschungelcamp säßen, waren sich alle Kandidaten einig – das Dschungelcamp sei schlimmer.

Mögliche Koalitionspartner

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz brachte die SPD und die Grünen als potenzielle Koalitionspartner nach der Bundestagswahl ins Spiel, während er eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausschloss. Sein strategisches Ziel sei es, mindestens zwei Koalitionsoptionen zu haben, auch wenn letztlich nur eine benötigt werde. Auf Nachfrage präzisierte Merz, dass diese Optionen voraussichtlich die Sozialdemokraten oder die Grünen seien, während er hinsichtlich der FDP Bedenken äußerte. Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, dass nach der Wahl konstruktive Gespräche möglich sein werden.

Blitzumfrage

In der Forsa-Blitzumfrage nach der TV-Debatte konnte Friedrich Merz die meisten Zuschauer überzeugen. Während Robert Habeck mit 34 Prozent als sympathischster Kandidat galt, lag Merz in den entscheidenden Kategorien vorne: Er wurde mit 29 Prozent als glaubwürdigster, mit 38 Prozent als kompetentester und mit 42 Prozent als führungsstärkster Kandidat wahrgenommen. Auf die Frage, wer insgesamt am meisten überzeugte, setzte sich Merz mit 32 Prozent klar an die Spitze, gefolgt von Olaf Scholz mit 25 Prozent. Habeck und Alice Weidel landeten mit jeweils 18 Prozent auf dem dritten Platz.

Zum Abschluss lenkte Günther Jauch den Blick auf eine weit verbreitete Sorge: Sollten die Parteien der demokratischen Mitte – Union, SPD und Grüne – in der kommenden Legislaturperiode die drängenden Probleme des Landes nicht lösen, könnte die Folge sein, dass die nächste Kanzlerin Weidel ist. In diesem Punkt herrschte unter den drei Kanzlerkandidaten (Außer Weidel) Einigkeit, um dem Entgegenzuwirken.

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