Humanitäre Krise in Gaza: Warnungen vor Hungersnot und internationale Appelle

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Angesichts der dramatischen humanitären Lage im Gazastreifen wächst international der Druck auf Israel, die militärischen Operationen einzustellen und den ungehinderten Zugang für Hilfslieferungen zu gewährleisten. Mehr als hundert Hilfsorganisationen warnen vor einer drohenden Hungersnot, während 28 Staaten einen sofortigen Waffenstillstand fordern. Deutschland verweigert seine Unterschrift und verweist auf bereits zuvor formulierte Positionen im Europäischen Rat.

Hilfsorganisationen schlagen Alarm: Warnung vor drohender Hungersnot im Gazastreifen

Mehr als hundert Hilfsorganisationen haben angesichts der sich verschärfenden humanitären Notlage im Gazastreifen eindringlich vor einer drohenden „Massenhungersnot“ gewarnt. In einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung, die von insgesamt 111 Organisationen unterzeichnet wurde, heißt es, dass sowohl die Helfer vor Ort als auch die betroffenen Menschen „dahinsiechen“. Laut dem Bericht der Nachrichtenagentur AFP zählen zu den unterzeichnenden Organisationen unter anderem Ärzte ohne Grenzen (MSF), Save the Children und Oxfam.

In ihrem gemeinsamen Appell fordern die Organisationen unverzügliche Verhandlungen über eine Waffenruhe, die Öffnung sämtlicher Grenzübergänge sowie den uneingeschränkten Zugang für humanitäre Hilfslieferungen über von den Vereinten Nationen kontrollierte Strukturen.

Die Vereinten Nationen hatten bereits am Dienstag darauf hingewiesen, dass israelische Streitkräfte seit Beginn der Hilfsmission der von den USA und Israel unterstützten Organisation GHF Ende Mai über 1.000 Palästinenser getötet hätten – mutmaßlich während diese versuchten, an Nahrungsmittel zu gelangen. Die sich zuspitzende humanitäre Lage erhöht den internationalen Druck auf die israelische Regierung.

Unterdessen kündigten die Vereinigten Staaten an, dass ihr Sondergesandter Steve Witkoff im Laufe dieser Woche nach Europa reisen werde, um dort Gespräche über die Lage im Gazastreifen zu führen. Im Anschluss sei zudem eine Weiterreise in den Nahen Osten möglich.

Merz verteidigt deutsche Zurückhaltung bei Gaza-Erklärung

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat die Entscheidung der Bundesregierung verteidigt, sich nicht dem jüngsten Appell von mittlerweile 28 Staaten für ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen im Gazastreifen anzuschließen. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Petr Fiala betonte Merz, Deutschland habe diese Position bereits zuvor auf europäischer Ebene vertreten: „Wir haben lange vorher im Europäischen Rat genau diese Position eingenommen.“

Die vor mehreren Wochen verabschiedete Erklärung des Europäischen Rates und das nun veröffentlichte Schreiben der 28 Staaten seien „praktisch inhaltsgleich“, so Merz. Er habe an der Formulierung der Erklärung des Rates „aktiv mitgewirkt“.

Mit Blick auf die humanitäre Lage im Gazastreifen erklärte der Kanzler weiter: „Ich nehme für mich in Anspruch, dass ich einer der Ersten gewesen bin, der in aller Deutlichkeit auch in Deutschland gesagt hat, dass die Zustände dort nicht länger hinnehmbar sind.“ Er forderte die israelische Regierung mit Nachdruck auf, „die massiven militärischen Interventionen zu stoppen, einen Waffenstillstand zu ermöglichen und vor allem die humanitäre Hilfe für die Bevölkerung dort zuzulassen“.

Zunächst hatten am Montag 25 Staaten, darunter Großbritannien, Frankreich und Italien, in einer gemeinsamen Erklärung ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen im Gazastreifen gefordert. Am Dienstag kamen drei weitere Länder sowie die EU-Kommission hinzu. In dem Schreiben heißt es, das Leiden der Zivilbevölkerung in dem von Israel belagerten Gebiet habe „ein neues Ausmaß erreicht“. Israel wird darin aufgefordert, „seinen Verpflichtungen gemäß dem humanitären Völkerrecht nachzukommen“ und die bestehenden Beschränkungen bei Hilfslieferungen „unverzüglich“ aufzuheben.

Deutschland zählte nicht zu den Unterzeichnern des Aufrufs. Die SPD-Bundestagsfraktion forderte die Bundesregierung am Dienstag auf, sich dem Appell anzuschließen.

Merz versicherte jedoch, innerhalb der Koalition gebe es keine Unstimmigkeiten. „Wir sind uns in diesen Fragen vollkommen einig“, sagte der Kanzler.

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