Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat erklärt, seine regierende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) habe keinerlei Anteil an einem Gerichtsverfahren, das den Vorsitzenden der größten Oppositionspartei CHP, aus dem Amt drängen könnte. Die CHP sieht sich einer wachsenden Zahl juristischer Auseinandersetzungen gegenüber.
In dem Verfahren geht es um die Anfechtung des Ergebnisses eines Parteitags der CHP im November 2023, das wegen angeblicher Wahlfälschung aufgehoben werden soll. Damals wurde der langjährige Parteichef Kemal Kılıçdaroğlu abgewählt und Özgür Özel zu seinem Nachfolger gewählt. Özel führt die Partei bis heute, könnte sein Amt jedoch verlieren, sollte die Klage Erfolg haben.
Kritiker sehen in dem Verfahren einen politisch motivierten Versuch, die älteste Partei der Türkei zu schwächen. Die CHP hatte bei den Kommunalwahlen 2024 einen deutlichen Sieg über Erdoğans AKP errungen und liegt seither in den Umfragen vorn.
Auf dem Rückflug aus Katar wies Erdoğan diese Vorwürfe zurück. „Wir als AKP sind in keiner Weise Teil dieses Verfahrens“, sagte er. „Diejenigen, die Klage einreichen, und diejenigen, die sich vor Gericht verantworten müssen, stammen ausschließlich aus den Reihen der CHP.“
Der frühere Bürgermeister der südtürkischen Provinz Hatay, Lütfü Savaş, sowie mehrere CHP-Delegierte haben Klagen auf Annullierung des Parteitags eingereicht. Zudem reichten sie Strafanzeigen gegen zwölf Personen ein, darunter den inhaftierten Bürgermeister von Istanbul, Ekrem İmamoğlu, wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung.
Die Staatsanwaltschaft hat gegen die zwölf Beschuldigten eine Anklageschrift erstellt. Die Verfahren wurden zusammengeführt und werden derzeit vom Zivilgericht in Ankara geprüft.
Erdoğans Äußerungen erfolgten einen Tag, nachdem am Montag in Ankara die jüngste Verhandlung stattfand. Das Gericht vertagte das Verfahren auf den 24. Oktober.
In der Anklage gegen die zwölf Beschuldigten wird Kılıçdaroğlu als Geschädigter aufgeführt. Elf Bürgermeister und Funktionäre der CHP sollen wegen „Wahlfälschung“ zu Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren verurteilt werden.
Die CHP hat seit März erheblich an Popularität gewonnen, nachdem die Inhaftierung İmamoğlus, der inzwischen als Präsidentschaftskandidat seiner Partei für die nächsten Parlamentswahlen gilt, die größten Straßenproteste seit einem Jahrzehnt ausgelöst hatte.
Neben İmamoğlu, den viele als Erdoğans stärksten Rivalen sehen, sitzen Hunderte CHP-Mitglieder in Untersuchungshaft. Hintergrund ist ein weitreichendes Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Korruption und Verbindungen zum Terrorismus. Die CHP weist alle Vorwürfe zurück.
Die Partei, Menschenrechtsorganisationen und mehrere europäische Politiker bezeichnen das Vorgehen gegen die CHP als politisch motiviert und undemokratisch. Die Regierung weist dies zurück und betont die Unabhängigkeit der türkischen Justiz.
Erdoğan begrüßte zudem jüngste Übertritte von Kommunalpolitikern zur AKP als Beleg für eine wachsende Unzufriedenheit in den Reihen der Opposition. „Unsere Türen stehen offen“, sagte er. „Wer zu uns kommt, erkennt, dass die AKP die Adresse für saubere Politik und den Dienst an der Nation ist.“
In den vergangenen Monaten wechselten mehrere lokale Amtsträger zur AKP, zuletzt der amtierende Bürgermeister des Istanbuler Bezirks Beykoz. Erdoğan erklärte, er rechne mit weiteren Übertritten.
„Die Menschen entscheiden sich für die AKP, weil sie eine stabile Partei mit starker Führung und langjähriger Regierungserfahrung ist“, sagte er. „Diese Übertritte zeigen, dass die AKP und ihr Bündnis ihren Weg mit wachsender Stärke fortsetzen werden.“
Die bislang prominenteste Überläuferin ist die Bürgermeisterin von Aydın, Özlem Çerçioğlu, die im vergangenen Monat die CHP verließ und der AKP beitrat. Kritiker werfen der Regierung vor, Bürgermeister oft mit Korruptionsermittlungen unter Druck zu setzen oder ihnen im Gegenzug für einen Parteiwechsel finanzielle Unterstützung in Aussicht zu stellen.
Erdoğan denies his party’s role in legal case that could oust main opposition leader

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