Ebru Kaymak
Am Sonntag haben die Deutschen einen neuen Bundestag gewählt – mit der höchsten Wahlbeteiligung seit 1990. Insgesamt 83,1 Prozent der Wähler:innen gaben ihre Stimme ab. Während die CDU als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgeht, verzeichnen andere Parteien herbe Verluste oder überraschende Erfolge. Besonders die AfD kann stark zulegen, während die SPD ein historisch schlechtes Ergebnis einfährt.
Laut Hochrechnungen liegt die SPD bei 16,4 Prozent und verliert damit 9,7 Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Bundestagswahl. Bundeskanzler Olaf Scholz kommentierte das Ergebnis mit den Worten: „Das ist ein bitteres Wahlergebnis für die Sozialdemokratische Partei, das ist auch eine Wahlniederlage.“ Er übernimmt die Verantwortung für das schlechte Abschneiden und gratuliert Friedrich Merz zum Wahlerfolg sowie zum Auftrag, die nächste Regierung zu bilden.
Mit 28,5 Prozent wird die CDU stärkste Partei. Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz erklärt: „Die Welt da draußen wartet nicht auf uns und schon gar nicht auf langwierige Koalitionsgespräche.“ Um eine handlungsfähige Regierung zu bilden, müsse man schnell die richtigen Entscheidungen treffen, um Deutschland auch in Europa wieder stärker zu positionieren. Im Vergleich zur Wahl 2021 gewinnt die CDU 4,3 Prozentpunkte hinzu.
Die AfD wird mit 20,8 Prozent zweitstärkste Kraft. Ihr Ergebnis hat sich im Vergleich zur letzten Wahl mehr als verdoppelt – 2021 lag die Partei noch bei 10,4 Prozent. In der AfD-Fraktion war der Jubel dementsprechend groß. Kanzlerkandidatin Alice Weidel erklärt: „Wir sind als Alternative für Deutschland zweitstärkste Kraft geworden und haben uns als Volkspartei fest verankert.“ Zudem betont sie, dass ihre Hand in Richtung CDU weiterhin ausgestreckt sei für eine mögliche Regierungsbeteiligung – ein Angebot, das Friedrich Merz jedoch ablehnt.
Die Grünen verlieren im Vergleich zur letzten Wahl Stimmen und kommen auf 11,6 Prozent. Wirtschaftsminister Robert Habeck bezeichnete das Ergebnis als „achtbar“ und hebt hervor, dass andere Parteien deutlich stärkere Verluste erlitten hätten. Er betont, dass der Regierungsauftrag klar bei Friedrich Merz liege und dieser nun eine große Verantwortung trage. Zudem kritisierte Habeck einige der jüngsten Äußerungen von Merz und forderte eine besonnene Regierungsführung. Eine schwarz-grüne Koalition sei mit diesem Ergebnis unwahrscheinlich, jedoch wären Gespräche über alternative Regierungsbündnisse weiterhin möglich.
Einen großen Erfolg feiern die Linken mit ihrem Wiedereinzug in den Bundestag. Sie erreichen 8,7 Prozent, nachdem sie 2021 noch bei 4,9 Prozent lagen. Spitzenkandidatin Reichinnek zeigt sich erfreut: „Ich bin so unfassbar dankbar für dieses Ergebnis, das eindeutig zeigt, dass unser Fokus auf soziale Themen erfolgreich war. Es war genau richtig, den Menschen zuzuhören und zu handeln.“ Besonders bei jungen Wähler:innen konnte die Linke punkten: In dieser Altersgruppe ist sie mit 27 Prozent die stärkste Kraft. Auch die AfD schneidet unter jungen Menschen stark ab und kommt hier auf 21 Prozent.
Die FDP erreicht 4,3 Prozent und wäre somit nicht mehr im Bundestag vertreten. FDP-Kanzlerkandidat Christian Lindner sagte vor der Wahl, dass er sich aus der Politik zurückziehen werde, sollte die FDP aus dem Bundestag ausscheiden. Gesagt, getan: Am späten Sonntagabend verkündete der Vorsitzende Lindner seinen Rückzug aus der aktiven Politik.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreicht 4,9 Prozent und scheitert vorerst damit knapp an der fünf Prozent-Hürde. Sahra Wagenknecht kommentierte das Ergebnis mit den Worten: „Selbst wenn es am Ende nicht reicht, dann ist es eine Niederlage, aber es ist nicht das Ende des BSW“.
Mit diesem Wahlergebnis steht Deutschland vor spannenden und herausfordernden Koalitionsverhandlungen. Während die CDU als stärkste Kraft nun die Regierungsbildung anführt, bleibt offen, welche Bündnisse möglich und stabil genug für die kommenden Jahre sind.
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