Konturen einer neuen Regierung: Wer die Ministerien in Schwarz-Rot übernehmen könnte

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Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD sind abgeschlossen, die Ressortverteilung unter den Partnern geregelt. Die konkrete Benennung der Ministerinnen und Minister wird für Anfang Mai erwartet. Während in einigen Ministerien bereits mit großer Wahrscheinlichkeit von bestimmten Personalien ausgegangen werden kann, sind andere Posten noch Gegenstand parteiinterner Abstimmungen und Spekulationen, berichtet die Nachrichtenagentur AFP.

Bemerkenswert war dabei nicht nur die Besetzung der Ministerien, sondern auch deren Neuordnung. Überraschend wurde entschieden, die Zahl der Ministerien im Vergleich zur Ampelregierung nicht zu verringern, obwohl dies ursprünglich angestrebt worden war. Stattdessen wurde ein zusätzliches Ressort geschaffen. Besonders auffällig ist die Aufteilung des bisherigen Ministeriums für Bildung und Forschung. Der Forschungsbereich wird künftig in einem eigenen Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gebündelt, während die Zuständigkeit für Bildung in das Familienministerium eingegliedert werden soll. Diese Neuzuschnitte eröffnen zwei prominenten Unionspolitikerinnen die Aussicht auf Ministerämter: CDU-Vizechefin Karin Prien wird für das erweiterte Familienressort gehandelt, während die CSU-Politikerin Dorothee Bär an der Spitze des neuen Forschungsministeriums erwartet wird. Die Tatsache, dass das Familienministerium nun von der CDU geführt werden soll, sorgt innerhalb der SPD für Unmut, zumal gerade dieser Bereich traditionell von Sozialdemokratinnen geprägt war.

Die Sozialdemokraten erhalten ihrerseits mit dem Bundesfinanzministerium eines der zentralen Machtzentren der Bundesregierung. In der Person von Parteichef Lars Klingbeil, der auch als Vizekanzler vorgesehen ist, könnten die Sozialdemokraten maßgebliche Weichenstellungen innerhalb der Koalition beeinflussen. Da sämtliche Vorhaben der Regierung unter Finanzierungsvorbehalt stehen, wäre Klingbeil in der Lage, Prioritäten bei der Umsetzung der politischen Agenda zu setzen. Auch die ambitionierten Vorhaben der Union – namentlich die angestrebte Migrations- und Wirtschaftswende – erhalten mit dem Innen- sowie dem Wirtschaftsministerium tragende Säulen. Die Namen Alexander Dobrindt für das Innenressort und Carsten Linnemann für Wirtschaft und Energie kursieren dabei seit geraumer Zeit mit wachsender Wahrscheinlichkeit.

Im Bundeswirtschaftsministerium gilt Linnemann als nahezu gesetzt. Der 47-jährige Ökonom aus Nordrhein-Westfalen führte als Generalsekretär der CDU seit Mitte 2023 die Wahlkampforganisation der Partei und ist ein enger Vertrauter von Friedrich Merz. Als früherer Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion steht er für wirtschaftsliberale Positionen innerhalb der Partei. Auch im Außenministerium deutet sich ein bedeutender personeller Wechsel an. Die SPD darf das Verteidigungsministerium behalten, was den Weg dafür frei macht, dass erstmals seit fast sechs Jahrzehnten die CDU das Auswärtige Amt übernimmt – ein Umstand, der der parteipolitischen Tradition entspricht, wonach Außen- und Verteidigungsministerium nicht in einer Hand liegen sollten. Nun könnte Armin Laschet, einst Kanzlerkandidat der Union, dort ein politisches Comeback erleben. Als alternative Option wird Johann Wadephul genannt, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Experte für Außen- und Verteidigungspolitik.

Im Ministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend gelten Silvia Breher sowie Karin Prien als mögliche Besetzungen, wobei die Letztgenannte durch die Neuordnung des Ressorts zusätzlichen Einfluss gewinnen könnte. Im Gesundheitsministerium könnten Tino Sorge oder Sepp Müller, beide aus Sachsen-Anhalt, berücksichtigt werden – womit ein ostdeutsches CDU-Mitglied in ein zentrales Ressort aufsteigen würde. Für den Bereich Verkehr bleibt Ina Scharrenbach im Gespräch, aktuell Landesministerin in Nordrhein-Westfalen. Als Alternativlösung gilt Andreas Jung. Für das Ressort Digitalisierung und Staatsmodernisierung wird Kristina Sinemus als wahrscheinlichste Kandidatin gehandelt. Die Digitalministerin aus Hessen bringt sowohl politische als auch wirtschaftsnahe Erfahrung mit. Die Leitung des Kanzleramts dürfte Thorsten Frei übernehmen, langjähriger parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion und enger Vertrauter von Friedrich Merz.

Innerhalb der CSU wird mit drei Ministerien gerechnet. Das Innenministerium dürfte an Alexander Dobrindt gehen. Für das neue Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt ist Dorothee Bär vorgesehen, deren politische Karriere durch Digitalpolitik geprägt ist. Michaela Kaniber, Bayerns bisherige Landwirtschaftsministerin, wird als Nachfolgerin im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat gehandelt.

Die SPD wird weitere wichtige Ressorts übernehmen. Neben dem Finanzministerium könnte die Partei das Justizministerium mit Sonja Eichwede besetzen. Die 37-jährige Juristin war rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und stammt aus Brandenburg, wo sie auch ihren Wahlkreis vertritt. Eine Alternative wäre Dirk Wiese, Bundestagsabgeordneter aus Nordrhein-Westfalen. Als neue Arbeitsministerin wird Bärbel Bas gehandelt, ehemalige Bundestagspräsidentin, wobei auch Amtsinhaber Hubertus Heil erneut genannt wird. Letzterer könnte stattdessen die Fraktionsführung übernehmen. Für das Umweltministerium gelten Verena Hubertz und SPD-Generalsekretär Matthias Miersch als aussichtsreiche Bewerber. Im Entwicklungsministerium könnte Svenja Schulze verbleiben – vorausgesetzt, sie wechselt nicht in das Umweltressort, das sie bereits zwischen 2018 und 2021 führte. Schließlich gilt Carsten Schneider, der bisherige Ostbeauftragte der Bundesregierung, als Favorit für das Ressort Wohnen und Bau. Der Erfurter hatte bereits erklärt, sein bisheriges Amt nicht fortführen zu wollen.

Eine offene Frage bleibt der Verbleib von SPD-Co-Vorsitzender Saskia Esken. Die von ihr bevorzugten Themenbereiche – Bildung, Digitales, Familie – fallen diesmal nicht in die Zuständigkeit der SPD. Möglich wäre jedoch eine Berufung ins Umwelt- oder Arbeitsministerium. Eine Entscheidung darüber wird voraussichtlich erst nach dem SPD-Mitgliedervotum getroffen, das nicht durch Personaldebatten beeinträchtigt werden soll.

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