Nach dem Messerangriff im Hamburger Hauptbahnhof hat ein Haftrichter am Samstag die Unterbringung der mutmaßlichen Täterin in einer psychiatrischen Einrichtung angeordnet. Am Freitag hat eine 39-jährige Frau im Hamburger Hauptbahnhof 15 Menschen mit einem Messer verletzt – am Vortag wurde sie aus einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung in Bremerhaven entlassen.
Tatverdächtige räumt Tathandlung ein
Der Ermittlungsrichter erließ einen sogenannten Unterbringungsbefehl wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in fünfzehn Fällen. Laut der Nachrichtenagentur AFP wurden 15 Personen unmittelbar durch Messerstiche verletzt, drei weitere erlitten Verletzungen durch Sturz oder infolge eines Schocks.
Nach Angaben einer Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg habe die Beschuldigte die Tathandlung im Rahmen der richterlichen Vernehmung eingeräumt. Die Frau befinde sich derzeit noch in Untersuchungshaft, solle jedoch zeitnah in eine psychiatrische Einrichtung überführt werden.
Passanten greifen ein
Zu der Messerattacke war es nach Angaben der Ermittler gegen 18 Uhr auf dem Südsteg des Hauptbahnhofs gekommen. Die Verdächtige habe dort zunächst mit einem Messer hantiert, bevor sie sich auf den Bahnsteig der Gleise 13 und 14 begab und dort wahllos auf wartende Reisende einstach.
Durch das rasche Eingreifen zweier Passanten sowie einer nahegelegenen Polizeistreife habe der Angriff beendet werden können. Die Frau wurde noch am Tatort festgenommen. Hinweise auf Alkohol- oder Drogenkonsum zum Tatzeitpunkt lägen bislang nicht vor.
Bei den zwei Passanten handelt es sich um einen Syrer und einem Tschetschenen. Muhammad, der vor zwei Jahren aus Syrien nach Deutschland floh, berichtete dem NDR “ich habe mir Mut gemacht, weil ich gesehen habe wie die Menschen schreiend weggelaufen sind und ich wollte sie beschützen.” Mit seinem Eingriff hat verhindert, dass noch weitere verletzt werden.
18 Verletzte, vier in Lebensgefahr
Insgesamt wurden 18 Menschen im Alter zwischen 19 und 85 Jahren verletzt. Vier von ihnen – eine 24-jährige Frau, ein gleichaltriger Mann, eine 52-Jährige sowie ein 85 Jahre alter Mann – erlitten lebensgefährliche Verletzungen. Ihr Zustand sei mittlerweile stabilisiert, hieß es von Seiten der Polizei. Sieben weitere Personen wurden schwer, sieben leicht verletzt.
Forderung nach mehr Polizeipräsenz
Der Vorfall rief auch politische Reaktionen hervor. Die Grünen forderten eine stärkere Präsenz der Bundespolizei an Verkehrsknotenpunkten. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) trage dafür die volle Verantwortung, erklärte Konstantin von Notz, stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion, gegenüber der Rheinischen Post.
Sören Pellmann, Fraktionsvorsitzender der Linken, sah im Vorfall ein weiteres Indiz für bestehende Defizite in der psychiatrischen Versorgung. „Der Fall zeigt erneut die gefährlichen Lücken in der psychiatrischen Versorgung in Deutschland“, sagte Pellmann und forderte eine grundlegende Verbesserung der Behandlung psychisch erkrankter Menschen.
Kanzler und Innenminister zeigen sich betroffen
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zeigte sich in einem Telefongespräch mit dem Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) tief betroffen. Die Gedanken des Kanzlers seien „bei den Opfern und ihren Angehörigen“, ließ Regierungssprecher Stefan Kornelius am Freitagabend verlauten. Auch Bundesinnenminister Dobrindt äußerte sich erschüttert: „Meine Gedanken sind bei den Opfern der Messerattacke in Hamburg“, erklärte er. Zugleich dankte er den Einsatzkräften für ihr entschlossenes Handeln.
No comments